Sachbuch "Im Lichte der Quanten"

Über die Entstehung unseres Bewusstseins

05:52 Minuten
Auf dem schwarzen Buchcover von "Im Lichte der Quanten" ist eine rosa-blaue abstrakte Form zu sehen. Das Cover liegt auf einem orangenen Aquarell.
Unsere Willensfreiheit sei eine notwendige Folge unvorhersagbarer Prozesse in der Quantenphysik, heißt es in "Im Licht der Quanten". © Deutschlandradio / wbg Theiss
Von Gerrit Stratmann · 25.03.2021
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Wie entstanden Leben und Bewusstsein? Die Aufsatzsammlung "Im Lichte der Quanten" widmet sich fundamentalen Fragen. Die Autoren des Buches suchen die Antworten darauf in der Quantentheorie des Physikers Thomas Görnitz.
In Zusammenarbeit mit Carl Friedrich von Weizsäcker hat Thomas Görnitz in den letzten Jahrzehnten eine Theorie ausgearbeitet, die alle Erscheinungen des Universums umfassen will: Elementarteilchen, Energie, Materie, Leben, Geist, Bewusstsein. Alles führt er auf die Existenz von bislang hypothetischen Gebilden zurück, die er Absolute Bits von Quanteninformation (AQI) nennt.
Diese einfachsten denkbaren Strukturen sollen nicht nur Energie und Materie formen, sondern treten auch als Information in Erscheinung. Das ist der Clou von Görnitz‘ Betrachtung - dass er die Wirklichkeit als informationsverarbeitenden Prozess versteht. Erst dadurch sei erklärbar, wie Bewusstsein entstehe, Gehirne Gedanken hervorbrächten und Gedanken wiederum auf Gehirne einwirken könnten.
Herausgegeben hat das Buch das Ehepaar Christine und Frido Mann. Als Tochter von Werner Heisenberg erinnert sich Christine Mann, dass ihr Vater einst die Ansicht äußerte, eher sei das Geistige als Grundlage der Welt zu verstehen als die Materie.

Willensfreiheit und Quantenphysik

Sie und ihr Mann Frido, Enkel von Thomas Mann, denken als Psychologen und Geisteswissenschaftler deshalb schon lange über den Zusammenhang von Geist und Körper nach. Deren wechselseitige Beeinflussung zeigt sich besonders deutlich in der Psychosomatik, die die Ärzte Brigitte Görnitz und Ralf Krüger in ihren Aufsätzen näher beleuchten.
Unsere Willensfreiheit, so der Tenor des Buches, sei eine notwendige Folge unvorhersagbarer Prozesse in der Quantenphysik. Diese Willensfreiheit ermächtigt uns, unser Zusammenleben aktiv zu gestalten. Vor diesem Hintergrund formulieren die Herausgeber Plädoyers für eine lebendige Demokratie und ein anderes Lernen. Digitalisierung, Spiritualität und Kritik an der Wachstumsökonomie sind weitere Themen des Buches.

Furiose und spannende Denkanstöße

Die Aufsätze entwerfen ein hoffnungsvolles Bild von der Welt, von selbstbestimmten Menschen, die im dialogischen Austausch zu einem ausbalancierten Lebensstil finden können. Dieser ständige Austausch, diese Beziehungsstrukturen spiegeln sich auch in den Wechselwirkungen aller Teilchen auf Quantenebene wider. Die Basis für all das bilden einfachste Quanteninformationsstrukturen.
Ob die postulierten AQIs jedoch überhaupt nachweisbar sind, bleibt offen. Gut möglich, dass die Theorie nur ein mathematisch schlüssiges Modell anbietet, dessen Übereinstimmung mit der Realität jedoch, ähnlich wie die Stringtheorie, bis auf Weiteres unbestimmbar bleibt.
"Im Lichte der Quanten" enthält furiose und spannende Denkanstöße, um aus der Quantenphysik eine Erklärung für die Entstehung von Leben und Bewusstsein abzuleiten. Der Versuch, aus diesem neuen Weltbild Konsequenzen für unser Zusammenleben zu ziehen, bleibt hingegen dürftig.

Frido und Christine Mann (Hg.): "Im Lichte der Quanten. Konsequenzen eines neuen Weltbildes"
wbg Theiss, Darmstadt 2021
334 Seiten, 28 Euro

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