Autogenes Training im Selbstversuch

Die Angst wegatmen

Journalistin Pia Rauschenberger beim autogenen Training auf ihrem Sofa.
Die Journalistin Pia Rauschenberger testet die CD "Frei von Angst", die Hörer beim autogenen Training anleitet. © Pia Rauschenberger
Von Pia Rauschenberger · 11.10.2018
Bei Angstattacken haben Betroffene oft das Gefühl, die Kontrolle über den eigenen Körper zu verlieren. Autogenes Training soll helfen, diese zurückzuerlangen. Reporterin Pia Rauschenberg hat einen Selbstversuch unternommen.
Ich mache mir noch eine Tasse Tee, dann bin ich bereit für die Übung. Eine Angststörung habe ich zwar nicht, aber Angst im Alltag kenne ich auch. Als Fahrradfahrerin vor aufgehenden Autotüren, abbiegenden LKW oder Zuhause vor Einbrechern.
Wenn mir diese Übung hilft, mich zu beruhigen und zu entspannen, dann hilft sie vielleicht auch Menschen mit einer Angststörung.
"Liebe Hörerin, lieber Hörer, ich möchte Sie herzlich begrüßen." – "Ja. So. Hingelegt. Eingekuschelt. Los geht es." – "Mit dieser Methode wird es Ihnen gelingen, Ihre Ängste sehr sanft abzubauen. In all den Jahren, in denen Patienten sie angewandt haben, war die Erfolgsquote sehr hoch."
Schön zu hören. Von einer befreundeten Psychologin weiß ich, dass es lange dauert, bis man Autogenes Training oder andere Entspannungsverfahren richtig lernt. Deshalb beginne ich erstmal mit einer Einstiegsübung.
"Stellen Sie ruhig Ihren CD-Spieler auf Pause, bis Sie bereit sind." – "Ich bin bereit." – "Sind Sie soweit?" – "Ja." – "Gut."

Nicht atmen wie ein Kugelfisch

Es geht relativ langsam los. Erstmal soll ich richtig atmen lernen. Klingt banal, ist es aber nicht. Man soll ja so richtig in den Bauch hineinatmen.
"Probieren Sie das bitte jetzt ein paar Mal." – "Ok" – "Wie gelingt es Ihnen?" – "Ja, geht schon."
Bei Entspannungsverfahren wie dem autogenen Training geht es letztendlich darum, die Kontrolle über den eigenen Körper wiederzuerlangen. Denn wenn Betroffene von einer Angstattacke heimgesucht werden, haben sie das Gefühl, die Kontrolle über sich und ihren Körper zu verlieren. Das Atmen soll jetzt also helfen, sich in solchen Momenten nicht zu verlieren. Das schafft man über eine gezielte Atmung und über konkrete Bilder, die man sich vorstellen soll und die den Körper beeinflussen sollen. Die Idee ist, dass ein Ruhezustand des Körpers suggeriert wird und die Gedanken dadurch ruhiger werden.
"Erweitern Sie dann den Raum bis hinunter zum Zwerchfell. Aber nur in dem Maße, wie es Ihnen angenehm ist. Sie sollen sich also nicht vorkommen wie ein Kugelfisch."

Kurz vor dem Einschlafen

Ich folge der Anleitung und bin doch etwas enttäuscht. Richtiges, tiefes Atmen ist ein zentraler Moment der Entspannung. Der beschriebene Weg dorthin ist wichtig. Mir fehlt an manchen Stellen aber eine genaue Beschreibung.
"Atmen Sie jetzt auf diese Weise über zwei bis drei Sekunden durch die Nase ein. Atmen Sie jetzt über zwei bis drei Sekunden aus. Lassen Sie dabei alle Anspannung los. Vielleicht stellen Sie sich vor, dass Sie dabei innerlich seufzen." – "Oder wirklich seufzen."
Das Seufzen hilft. Ich werde lockerer, fühle, wie sich Blockaden anfangen aufzulösen. Das ist angenehm. Und nach einer Weile bin ich dann wirklich ruhig und relativ entspannt.

"Langsam gehen lassen mit diesem ruhig, ruhig." – "Ja, aber dann schläft man auch ein – fast." – "Sie fühlen mit jedem Atemzug, immer wenn Sie ausatmen, diese Ruhe, diese Schwere. Das Gefühl, dass die Wärme Sie durchflutet."

Geduld ist ziemlich wichtig

Nein. Ich fühle keine Wärme. Also noch mal tief Luft holen, den Atmen beruhigen. Aber: Ich werde eher müde, leider. Ob es an der fehlenden Übung liegt? Besser nicht zu sehr darüber nachdenken, sondern weiter atmen. Ruhig und gleichmäßig. Schön langsam.
"…lässt die Ängste kleiner werden und schwinden, alle Befürchtungen und Sorgen. Eine heilende Kraft, die sich da ausbreitet." – "Das ist eine schöne Vorstellung, aber ich spüre gar keine Wärme. Aber die Vorstellung hilft vielleicht trotzdem." – "Wir kanalisieren diese Energie."
Wie gesagt: Es braucht schon ein bisschen Übung.
"Je tiefer Sie diese Energie spüren, desto stärker wird sie." – "Wenn man nichts spürt, wird man auch nervös." – "Alles wird wärmer und wärmer, ganz angenehm."
Nach 25 Minuten ist die Basisübung vorbei. Ich bin ein bisschen enttäuscht, hatte mir doch mehr erwartet. Obwohl ich weiß, dass ich nach einem Versuch eigentlich kein Ergebnis erwarten darf. Bei einer Angsttherapie geht es schließlich auch nur Schritt für Schritt vorwärts. Geduld ist also ziemlich wichtig.
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