Rund 300.000 Schüler in Quarantäne

"Kein Mut zu kreativen Zwischenlösungen"

04:29 Minuten
Unterricht an einem bayerischen Gymnasium. Die Schülerinnen und Schüler tragen einen Mund-Nasen-Schutz.
Unterricht mit Maske an einem bayerischen Gymnasium: Wenn man fragen würde, was die Schulen in der Pandemie brauchen, würde man auch schnell Antworten bekommen, sagt Jenny Friedrich-Freksa. © picture alliance / dpa / Matthias Balk
Jenny Friedrich-Freksa im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 11.11.2020
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Der Lehrerverband zählt mehr als 300.000 Jugendliche und Kinder, die derzeit nicht zur Schule gehen können. Mit Corona und Hygieneplänen habe man die Schulen allein gelassen, sagt Jenny Friedrich-Freksa. Die Journalistin vermisst unbürokratische Hilfe.
In Deutschland ist die Zahl der Schülerinnen und Schülern, die sich in Corona-Quarantäne befinden, stark gestiegen. Nach Angaben des Deutschen Lehrerverbandes können derzeit mehr als 300.000 Kinder nicht zur Schule gehen, vor einigen Wochen waren es nur 50.000.

30.000 Lehrer müssen zu Hause bleiben

Außerdem seien aktuell etwa 30.000 Lehrerinnen und Lehrer von Quarantäne-Maßnahmen betroffen, heißt es. Lehrerverbandspräsident Heinz-Peter Meidinger spricht in einem Interview von einem "Salami-Lockdown", der schrittweisen Schließung von immer mehr Schulen. Die Politik habe sich zurückgezogen, jetzt entschieden die Gesundheitsämter.
"Man hat die Schulen ziemlich allein gelassen", sagt auch die Journalistin Jenny Friedrich-Freksa. Es sei richtig, die Schulen offenzuhalten - doch diese seien mit der Aufstellung von umfangreichen Hygienekonzepten überfordert; vor Corona habe es ja zum Teil noch nicht einmal Seife zum Händewaschen gegeben. Und die Gesundheitsämter bekämen Unterstützung durch die Bundeswehr, seien also auch überlastet. "Das funktioniert nicht, dass die Schulen und die Gesundheitsämter das alleine machen sollen. Die bräuchten Hilfe bei der Umsetzung von solchen Ideen wie 'halbe Klassen'."

Viele Blockaden durch die Politik

"Die Schulen waren fast ein halbes Jahr zu", betont die Journalistin: "Was wurde denn in der Zeit eigentlich alles nicht gemacht? Man hatte so viel Zeit, sich darauf vorzubereiten, wie das jetzt ab Herbst gehen könnte. Und dafür ist erschreckend wenig von dem, was Experten empfehlen, umgesetzt worden. Eigentlich fast gar nichts. Außer der Idee, dass man lüftet."
Sie vermisse in der Coronazeit den "Mut zu kreativen Zwischenlösungen", sagt Friedrich-Freksa. "Wenn ich mir angucke, dass im Moment die Museen zu sind, die Gaststätten, dann sehe ich sehr viele geschlossene Räume, wo auch andere Sachen stattfinden könnten."
Doch in Deutschland sei es offenbar undenkbar, "dass man unbürokratisch sagt: Eine Schulklasse kriegt einfach einen weiteren Raum, damit die Hälfte woanders sitzen kann." Da gebe es "viel Blockade" in der Politik: "Wenn man die Schulen fragt, was sie brauchen, würde man ziemlich schnell Antworten bekommen, was am dringendsten ist."
(ahe)
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