Rumänen stimmen "für den Rechtsstaat"

Moderation: Korbinian Frenzel · 30.07.2012
Auch der rumänische Europaabgeordnete Petru Luhan von der Europäischen Volkspartei begrüßt die gescheiterte Amtsenthebung des Präsidenten seines Landes, Traian Basescu. Dies sei ein gutes Ergebnis. Es sei eine Abstimmung über den Rechtsstaat gewesen, ein "klares Zeichen" für Europa.
Korbinian Frenzel: Es war der wohl umstrittenste Urnengang seit der Wende 1989, den Rumänien gestern erlebt hat. Die Entscheidung, ob der konservative Präsident Traian Basescu endgültig aus dem Amt gehen muss, so wie es sein Kontrahent, der sozialdemokratische Regierungschef Victor Ponta seit Monaten fordert und betreibt.

Basescu bleibt Präsident, das steht seit heute Morgen fest. Wie sehr uns das beruhigen kann, wie sehr uns die Situation in Rumänien insgesamt aber dennoch beunruhigen muss, darüber spreche ich nun mit dem rumänischen Europaabgeordneten Petru Luhan von der Europäischen Volkspartei, also aus dem Lager des Präsidenten. Guten Morgen, Herr Luhan!

Petru Luhan: Guten Morgen!

Frenzel: Ist das ein gutes Ergebnis für Rumänien?

Luhan: Es ist ein gutes Ergebnis, es war keine Abstimmung für oder gegen den Präsidenten Traian Basescu als Person, sondern eine Abstimmung für den Rechtsstaat, könnten wir sagen. Es geht darum, dass diejenigen, die nicht zur Abstimmung gegangen sind, klar zum Ausdruck gebracht haben, dass sie das Spiel der 256 Abgeordneten, die zu diesem Referendum geführt haben, nicht mitmachen wollen.

Das heißt, sie wollten, dass Rumänien weiterhin ein Rechtsstaat, ein europäischer Rechtsstaat bleibt, und daher haben sie ganz klares Zeichen gegeben, dass sie nicht Teil dieses politischen Spiels sein wollen und dass sie weiterhin Europäer bleiben wollen.

Frenzel: So klar, wie Sie das darstellen, ist dieses Ergebnis aber, wenn man sich die Zahlen anguckt, vielleicht dann doch nicht, denn 80 Prozent derjenigen, die abgestimmt haben, waren ja gegen den Präsidenten, für seine Amtsenthebung. Der Machtkampf - das zeichnet sich auch dadurch ab - wird weitergehen. Da stellt sich die Frage: Ist Rumänien eine reife, ist es eine funktionierende Demokratie?

Luhan: Wir sprechen hier - ich hab diese These schon mal gehört ... Der rumänische Präsident war gewählt oder wurde gewählt mit 5,2 Millionen Stimmen, und jetzt hat er ungefähr 7,6 Millionen gegen ihn, die abgestimmt haben.

Allerdings ist die Situation heute eine andere, eine total unterschiedliche als vor 2009, im Dezember 2009, weil wir nach einer Finanz- und Wirtschaftskrise kommen oder dieses Referendum durchgeführt haben. Und wir können nicht von einer Person, die gezwungen ist, unangenehme Maßnahmen durchzuführen und einzuführen in Rumänien, die halt von der Krise oder wegen der Krise implementiert werden mussten, damit Rumänien nicht ein Fall wie Griechenland wird, können wir nicht verlangen, dass er sich gleichermaßen oder der gleichen Sympathie erfreut wie vor drei Jahren.

Frenzel: Herr Luhan, lassen Sie uns noch mal auf die Gründe dieses Machtkampfes schauen, die vermeintlichen Gründe. Es geht dabei viel um Korruption, die Bekämpfung der Korruption. Basescu hat sich da hervorgetan als jemand, der sie bekämpfen will. Wenn wir von außen auf Ihr Land gucken, auf Rumänien insgesamt, bleibt aber doch die Sorge, auch wenn wir auf das politische Lager des Präsidenten gucken, dass es vielleicht ein weitverbreitetes Problem ist.

Ein Beispiel: Sie haben in Ihrer eigenen Fraktion in Brüssel seine eigene Tochter, Basescus Tochter sitzen, die, wenn ich die Zeitung richtig verstanden habe, vorher eher als Partygirl aufgefallen ist denn als seriöse Politikerin. Trifft die Kritik an den Verhältnissen, an der Vetternwirtschaft nicht alle politischen Kräfte in Ihrem Land?

Luhan: Es geht darum, dass der Herr Basescu in den letzten acht Jahren, seitdem er im Amt ist, sich dafür eingesetzt hat, dass Rumänien eine selbstständige Justiz hat. Das ist klar und das ist Fakt, und das ist genau, weil der Herr Basescu retten wollte, weil die neue Macht, die wir in Rumänien momentan haben, wollte ganz klar durch die Aktionen, die sie unternommen haben, die Justiz, halt deren Parteien zugunsten besetzen wollten.

Und was heißt das für Rumänien? Das heißt automatisch, dass ein Demokratiedefizit aufkommen würde. Und genau das wollte der Herr Basescu vermeiden, und das hat das rumänische Volk durch Nichtpräsentieren, durch die Abwesenheit bei diesem Referendum zum Ausdruck gebracht. Daher, was die Selbstständigkeit der Justiz anbetrifft, ist praktisch etwas, was von der Europäischen Union verlangt wird und was wir noch weiter ausbauen müssen, weil wir ganz klar wissen, dass wir als letztes Land, das zur EU beigetreten ist, noch einige Bedingungen zu erfüllen hatten in dem Moment des Beitritts. Und genau das hat der Herr Basescu versucht zu schaffen, was die Justiz anbetrifft. Was die ...

Frenzel: Sie haben, Herr Luhan, Sie haben ...

Luhan: ... Korruptionsakte anbetrifft ...

Frenzel: Herr Luhan, Sie haben den langen Weg beschrieben, der Korruptionsbekämpfung. Auch wenn ich auf das blicke: Hätten wir, hätten die Europäer, die Europäische Union Ihrem Land vielleicht einen größeren Gefallen getan, wenn wir den Beitritt etwas später vollzogen hätten, damit der Druck, dass all diese Reformen stattfinden, auch wirklich aufrechterhalten wird, dass auch eine sozialdemokratische Partei wie die Victor Pontas sich dem nicht entgegenstellen kann?

Luhan: Wenn wir den Beitritt nach hinten verschoben hätten, hätten wir keine Garantie gehabt, dass diese Reformen eingeführt worden wären in einer Form, die von der EU verlangt wurde. Daher, ich denke - also meine persönliche Meinung und die Meinung von der FVP auch, ist, dass das Beste, was passieren konnte, Rumänien und Bulgarien natürlich auch, ist, dass wir gezwungenermaßen diese Reformen einführen mussten durch den Beitritt in 2007.

Frenzel: Petru Luhan, rumänischer Europaabgeordneter von der Europäischen Volkspartei, zum Ausgang des Referendums über den rumänischen Präsidenten Basescu. Ich danke Ihnen für das Gespräch!


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