Ruhrtriennale-Intendantin und BDS-Debatte

Desaströse Kommunikation, spannender Spielplan

Ruhrtriennale-Intendantin Stefanie Carp
Dass Ruhrtriennale-Intendantin Stefanie Carp in der Debatte darauf beharrt, eine Anwältin der Künstler zu sein, verdient Unterstützung. © picture alliance / dpa / Marcel Kusch
Ein Kommentar von Stefan Keim · 09.08.2018
Das Krisenmanagement von Ruhrtriennale-Intendantin Stefanie Carp rund um eine Band und deren Verbindungen zur Israel-Boykott-Bewegung BDS war schlecht. Schade, dass damit der Blick auf das hochinteressante Programm des Festivals verstellt wurde.
Stefanie Carp ist keine Antisemitin. Sie hat sich geweigert, das klar zu sagen, weil sie es für eine Selbstverständlichkeit hält. Die große Aufregung um die Ruhrtriennale, die wahrscheinlich sogar zur Entlassung der Intendantin im Herbst führen wird, hat ihre Ursache in desaströser Kommunikation auf allen Seiten. Die bisherigen Intendanten der Ruhrtriennale waren fast alle große Kommunikatoren ohne Scheu, auf andere zuzugehen, Menschen, die sich und ihre Kunst gern erklärten, die keine Frage für zu naiv oder blöd hielten.

Feinsinnige Intellektuelle

Stefanie Carp ist eine feinsinnige Intellektuelle, die sich immer wieder in Frage stellt und deshalb auch manchmal ihre Meinung ändert. Sie begreift die Welt als zu komplex für einfache Antworten. Deshalb will sie ihr künstlerisch begegnen. So ist es auch zu erklären, dass sie nicht wusste, wie sie mit der Band "Young Fathers" und der BDS-Bewegung umgehen sollte und mehrfach ihre Meinung änderte.

Forderung nach klaren Aussagen

Politiker und manche Medien fordern allerdings von einer Intendantin klare Aussagen. Das gilt besonders für die Ruhrtriennale, die ein Festival für die Region sein soll und kein abgehobenes Kunstereignis für die Elite der Eingeweihten. Insofern ist die Frage berechtigt, ob Stefanie Carp wirklich die richtige Wahl für diesen Job ist.
Manche Politiker, die heute die Intendantin kritisieren, hätten sich vorher informieren sollen, für was Stefanie Carp steht. Dass NRW-Ministerpräsident Armin Laschet nun die Ruhrtriennale komplett boykottiert, weil eine dort nicht mehr auftretende Band mit einer Israel-Boykottbewegung sympathisiert, ist ein bedenkliches Zeichen für den demokratischen Diskurs. Es genügt die Andeutung, irgendwo könne radikales Denken im Spiel sein, und schon springt der Landesvater in Deckung, um bloß nicht einen kleinen Flecken aufs weiße Hemd zu bekommen, wenn es irgendwo spritzen sollte.

Anspruchsvoller Spielplan

Es ist traurig, dass durch eine immer abwegigere und emotionalere Debatte der Blick auf ein hochinteressantes Programm verstellt wird. Denn die Ruhrtriennale zeigt eine Vielzahl verschiedenster Stimmen zu den Themen Postkolonialismus und Migration. Es ist ein sperriger, politischer und anspruchsvoller Spielplan – und gerade deshalb spannend. Das Festival muss seine Themen allerdings besser kommunizieren als über Einführungen und Künstlergespräche. Mit dieser transparenten Tradition der Ruhrtriennale hat sich Stefanie Carp leider nicht beschäftigt.

Anwältin der Künstler

Dass sie in der aktuellen Debatte darauf beharrt, eine Anwältin der Künstler zu sein, verdient trotzdem Unterstützung. In der Zeit der Finanzkrise haben sich manche Intendanten eine gewisse Willfährigkeit angewöhnt, weil sie ihre Institutionen retten wollten. Sie haben gelernt, die Sprache der Politik zu sprechen. Stefanie Carp verweigert sich dem und offenbart ein Selbstbewusstsein, das fast schon verloren gegangen ist. Eine Intendantin der Ruhrtriennale braucht allerdings auch eine große Kommunikationsfähigkeit. Die hat sie bisher nicht bewiesen.
Mehr zum Thema