Rückblick

Ein erfreuliches Jahr für den Jazz

Der britische Musiker Jamie Cullum performt beim Java Jazz Festival 2014 in Jakarta.
Einer der Superstars des Jazz: der britische Musiker Jamie Cullum © picture alliance / dpa / Mast Irham
Von Jan Tengeler  · 29.12.2014
Volle Clubs, erfolgreiche Festivals, bemerkenswerte Veröffentlichungen – das Jazzjahr 2014 lässt sich mit einer positiven Bilanz abschließen. Es wächst eine neue Musikergeneration heran, die ihr Umfeld mitreißt und begeistert.
"Im Vertrauen" nennt sich das Debutalbum der 27-jährigen Julia Kadel aus Berlin. Dass die Pianistin direkt auf dem großen Blue Note Label veröffentlichte, überraschte viele Kritiker. Der derzeitige Chef der Plattenfirma entdeckte Kadel in Los Angeles und fand, dass zum 75. Geburtstag von "Blue Note" eine deutsche Künstlerin durchaus passt: "Vor 75 Jahren begann die Geschichte des Labels mit zwei Berliner Exilanten, ich bin sicher dass Alfred Lion, wäre er noch unter uns, Julia Kadel mit Freude unter Vertrag nehmen würde." so Don Was von Blue Note Records. Ansonsten ist diese Plattenfirma vor allem mit Künstlern, die dem Mainstream des Jazz zuzurechnen sind, erfolgreich. Etwa mit Till Brönner und Götz Alsmann oder den Stars des Vokaljazz, mit Gregory Porter und Jamie Cullum. Auf der neuen CD des Briten singen beide sogar im Duett.
"Don't let me be misunderstood" – Gregory Porter und Jamie Cullum mit einer neuen Version eines Klassikers der Popgeschichte. Dass Cullum ein Album mit alten Hits gemacht hat, sagt wenig über die Lebendigkeit gerade der britischen Szene – Bands wie GoGo Penguin, Musiker wie Matthew Halsall, Sarah McFarlaine oder Neil Cowley sind ganz selbstverständlich mit Pop und elektronischer Musik sozialisiert worden und ziehen in ihrer eigenen Kunst keine musikalischen Grenzen mehr. Das 2014er Album des DJs, Komponisten und Trompeters Halsall "When the world was one" geht dabei auch über geographische Grenzen spielerisch hinweg.
Ein trompetender Traditionalist
"Save the world" – so nannte sich diese Stück des Kölner Gitarristen Sebastian Müller von seinem Debütalbum "Peel". In Müllers Band sind mit Pablo Held und Jonas Burgwinkel auch zwei Shootingstars der deutschen hiesigen Szene integriert. Die haben in diesem Jahr eine CD mit einem der ganz Großen des Jazz veröffentlicht, nämlich mit dem US-Gitarristen John Scofield. So universell ist die Sprache des Jazz mittlerweile geworden und so gut sind die Musiker überall, dass die alten Unterscheidungen zwischen den USA und Europa nicht mehr viel taugen. Hier wie dort ist die Szene lebendig, im Mutterland des Jazz gehört Ambrose Akinmusire zu den gefragten Neuentdeckungen. Der Trompeter mit den nigerianischen Wurzeln hatte sich zunächst als Traditionalist einen Namen gemacht, jetzt zeigt er sich vor allem als Komponist und hat für seine jüngste Aufnahme auch ein Streichquartett engagiert.
Der Trompeter Ambrose Akinmusire von seiner 2014er-CD "The imagined savior is far easier to paint".
Elizabeth Shepherd mit einem Gesamtkunstwerk
Jazz 2014 – von altbewährtem Swing bis zu neutönender Avantgarde war wieder alles dabei, was das Herz des geneigten Hörers sich nur wünschen kann. Fündig wird man im Internet, wobei auffällig ist, dass im Jazzgenre immer noch vergleichsweise viele CDs veröffentlicht werden. Sogar die gute alte Langspielplatte erlebte ein kleines Revival, zum Beispiel mit neu überarbeiten Aufnahmen alter Jazzgrößen wie Oscar Peterson, Dave Brubeck und vielen anderen. Apropos LP oder wie es früher hieß: Album – damit geht meistens auch die Idee einer künstlerischen Einheit einher.
Heute gäbe es Soundbytes, kleine Klangschniepsel, noch und nöcher, sie aber wolle ein Gesamtkunstwerk schaffen, so die kanadische Sängerin und Pianistin Elizabeth Shepherd. Die hat mit der CD "The Signal" eines der für mich interessantesten und schönsten Alben im Jahre 2014 vorgelegt, jeder der 10 Songs ist hörenswert, dieser hier heißt "What's happening".
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