Ruderlegende

Zum 80. Geburtstag von Olympiasieger Hans Lenk

Der deutsche Achter 1960 bei der Siegerehrung am Albaner See bei Rom.
Der deutsche Olympia-Achter mit Hans Lenk, ganz rechts, während der Siegerehrung 1960 am Albaner See bei Rom. © picture alliance / dpa / Foto: DB/1000/Pool
Von Wolf-Sören Treusch · 22.03.2015
Mit einer Länge Vorsprung gewann 1960 der deutsche Achter mit Hans Lenk die Goldmedaille in Rom, einer der Höhepunkte in Lenks Karriere. Später veröffentlichte er etliche Publikationen zu sportphilosophischen Themen. Nun feiert er einen runden Geburtstag - und ist immer noch topfit.
"Ergometer-Radfahren habe ich heute morgen schon zwanzig Kilometer im Keller gemacht, …"
79 Jahre alt und immer noch topfit – das ist Hans Lenk heute.
"… und Rudern, zwei Mal die Woche eigentlich hier auf dem Rheinhafen im Sommer, im Winter nur ein Mal, dann gehe ich ein Mal die Woche zum Krafttraining und ein Mal die Woche auch zum Schwimmen."
Und jetzt setzt der deutsche Achter zum Schlussspurt an.
25 Jahre alt, auf den Punkt topfit – das ist Hans Lenk bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom. Im legendären deutschen Ruderachter sitzt er auf Position 1.
"… eine Luftkastenlänge Führung für Deutschland, und der Schlussspurt wird heraus gepeitscht, herunter von den Stemmbrettern, Deutschland führt im großen Achter in Rom, eine halbe Länge, drei Viertel Länge, eine Länge, und Deutschland hat den Achter gewonnen, Gold für den deutschen Achter."
"Ja, das war natürlich ein Höhepunkterlebnis des ganzen Lebens."
Beginn einer wissenschaftlichen Karriere
Hans Lenk studiert damals Mathematik, Philosophie, Soziologie, Psychologie, Sportwissenschaft und später auch noch Kybernetik. Gold im Ruder-Achter: das ist für ihn längst nicht alles.
"Weil ich andere Ziele hatte. Beruflicher Art, ich wollte an der Hochschule bleiben, beziehungsweise Lehrer werden, wenn das nicht klappen würde, das war für mich sozusagen nebenbei."
Nach dem Olympiasieg beendet er seine Laufbahn und findet heraus, …
"…dass über die Olympischen Spiele überhaupt keinerlei wirklich ernsthafte soziologisch-philosophische Studie existierte."
Er schreibt sie selbst, 1962. Titel: "Werte, Ziele und Wirklichkeit der modernen Olympischen Spiele". Es ist seine Doktorarbeit, zwei Jahre später erscheint sie als Buch. Mittlerweile hat Hans Lenk etwa 150 Bücher publiziert. Die meisten zu philosophischen Grundfragen, 30 von ihnen zu sportwissenschaftlichen und sportethischen Themen. Hans Lenk hat eine glanzvolle wissenschaftliche Karriere hinter sich. Gunter Gebauer, selbst Sportphilosoph und einstiger Schüler von Hans Lenk, erinnert sich gern an die verbalen Wettkämpfe, die er mit seinem Lehrer ausfocht.
Der ehemalige Ruderer Hans Lenk 
Der ehemalige Ruderer Hans Lenk am 25.05.2012 in Berlin bei der Verleihung der "Goldenen Sportpyramide".© picture alliance / dpa / Foto: Britta Pedersen
"Natürlich, das hat ihn immer angestachelt, dass er besser ist erstmal als Argumentierer, also auch als Denker, auch als Person, in der Diskussion, um das bessere Argument zu finden. Aber nie so, dass er andere Leute brüskiert hat, sondern immer unter dem Gesichtspunkt von Fairplay und von einer Anerkennung der Leistung der anderen."
Leistung und Fairplay: Hans Lenk orientiert sich an Sportidealen wie diesen, seine Stimme hat Gewicht im deutschen Sport. Bis heute. Vorbild ist sein ehemaliger Klassenlehrer und Trainer, mit dem er 1960 Olympisches Gold gewann – der Ruderprofessor Karl Adam.
"Er war ja eine Art Leistungsmensch par excellence, wurde oft als Leistungsfetischist verurteilt, obwohl er auch geschrieben hat: ´nicht gewinnen ist kein Scheitern`. Wir haben auch lange Diskussionen geführt, sogar auch in der Schulzeit, über Leistungsprinzip, und wir waren uns dann schließlich einig, dass Leistung auch soziale Leistung umfassen sollte und nicht nur quantitative, physische oder wie immer Leistung im Sport oder in anderen Rekorddisziplinen."
Kampf gegen Doping
Mitte der 70er Jahre gehört Hans Lenk zu den Ersten in Deutschland, die unangemeldete Dopingkontrollen beim Training fordern. Zum Moralapostel wird er deshalb nicht. Wir leben in einer gedopten Gesellschaft, sagt er. Warum sollen für Sportler andere Maßstäbe gelten als beispielsweise für Manager?
"Diese Fairness-Debatte habe ich Jahrzehntelang auch geführt mit, und ich denke, dass man von einem idealen Gebot, das auch sozusagen idealerweise ausnahmslos gelten sollte, nicht verlangen kann, dass es immer befolgt wird. Und ´Du sollst nicht lügen` oder ´sollst nicht töten` bei den zehn Geboten wird ja auch nicht immer befolgt."
Was ihn wirklich ärgert, das ist die Event-Hysterie einer Momentfixierten Erfolgsgesellschaft, getreu dem Motto: der Schein bestimmt das Sein. Die Olympischen Spiele sind da nur noch kommerzieller Budenzauber.
"Das ist eine völlig andere Welt, kann man schon sagen, als die Olympische, mit der Coubertin anfing, mit der wir auch noch konfrontiert waren, allerdings muss man sagen, dass die Grundwerte nach wie vor dieselben sind, nach wie vor eben auch faszinieren, insbesondere auch junge Leute, und dass sie insofern auch eine Art von Kontinuität darstellen."
Hans Lenk feiert morgen seinen 80. Geburtstag. Er ist mit seiner Frau auf Lanzarote – wandern. Ohne Leistungsanspruch.
"Gemütlich, nicht über drei Stunden am Tag."
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