Roman über Sex, das Alter und den Tod

03.04.2009
Postum erscheint mit "Die Witwen von Eastwick" der letzte Roman des amerikanischen Schriftstellers John Updike, der Anfang dieses Jahres verstarb. Aufbauend auf seinem Erfolg "Die Hexen von Eastwick" handelt es sich um dieselben drei Freundinnen als Hauptfiguren, die nun nicht mehr 40, sondern 70 Jahre alt sind und sich immer noch als Hexen verstehen.
Als Kind stotterte John Updike. Seine Mutter riet ihm zum Schreiben. An die 50 Bücher entstanden, und bis zu seinem Tod im Januar dieses Jahres galt er zu Recht als heißer Kandidat für den Literatur-Nobelpreis. Mit anderen Preisen hatte man ihn schon lange überhäuft, allein den Pulitzer-Preis erhielt er zwei Mal. Postum erscheint nun Updikes letzter Roman "Die Witwen von Eastwick". Updike- und auch Film-Fans werden sich erinnern: 1984 erschien Updikes Roman "Die Hexen von Eastwick", 1987 verfilmt mit Jack Nicholson, Cher und Michelle Pfeiffer.

In beiden Romanen präsentiert Updike dieselben drei Hauptfiguren, drei Freundinnen: Alexandra, die Bildhauerin, Sukie, die Schriftstellerin, und Jane, die Musiklehrerin. Im ersten Roman sind sie um die 40 Jahre alt und geschieden, im neuen um die 70 und verwitwet. Nach dem Tod ihrer Ehemänner nehmen die drei wieder Kontakt zueinander auf, treffen sich und unternehmen Reisen zusammen, u.a. auch zurück in das kleine Küstenstädtchen Eastwick nahe New York. Die drei Frauen betrachten sich halb ernst, halb spielerisch als Hexen, was in der Frauenbewegung der 70er Jahre durchaus üblich war. Tatsächlich stirbt im ersten Roman nach einem "Zauber" der drei Hexen eine junge Frau. Glaubt man an schwarze Magie, müsste dieser Tod als Mord gelten.

Diesen "Mord" klärt Updike im neuen Eastwick-Roman auf. Schwarze Magie sei im Spiel gewesen, und diese Schuld soll nun in "Die Witwen von Eastwick" gesühnt werden. Groß inszeniert Updike die Welt der Esoterik, mit Teufel, Grusel- und Thriller-Effekten inklusive Showdown. Der Leser kann den Roman von Anfang bis Ende als surrealen Ausflug in die Welt der Zauberei genießen oder ihn als höchst ironische Beschreibung der amerikanischen Gesellschaft verstehen, ihrer Fantasien, Projektionen und esoterischen und sexuellen Träume und Albträume.

Während sich Updike in all seinen Romanen immer sehr ironisch über die Verherrlichung der Sexualität in "unserer zivilisierten Welt" geäußert hat, räumt er nun ein, dass ohne Sex jede gesellschaftliche Ordnung zusammenbrechen würde: Wenigstens rissen sich die Leute so lange zusammen und benähmen sich halbwegs anständig, bis sie ihren Sexualpartner ins Bett bekommen hätten. Ohne Bonbon-Sex würde alles zusammenbrechen.

"Die Witwen von Eastwick" ist ein tragikomischer Roman über Sex, das Alter und den Tod, stellenweise surreal, manchmal experimentell. Selbst vor Pornographie schreckt Updike nicht zurück – "Feuchtgebiete" auf Nobelpreisniveau. Auf der anderen Seite zeigt Updike, was für ein klassischer Meister traditioneller Sprachkunst er war: "trockener Wüstensonnenschein, und ein Tag, der perlig bedeckt beginnt". Oder: "Morgenröte, die sich wie ein Klumpen Gold in einem tiefblauen Rhein der Neuen Welt spiegelt". John Updike auf dem Zenit.

"Die Witwen von Eastwick" endet mit einem überraschenden Happy-End. Leichte Kost ist der Roman trotzdem nicht unbedingt, eine Geschichte zwischen Lust und Schmerz, ein gelungener Balanceakt zwischen Groteske und menschlicher Tragödie.

Rezensiert von Lutz Bunk

John Updike: Die Witwen von Eastwick, Roman
Übersetzt von Angela Praesent
Rowohlt Verlag Reinbek bei Hamburg 2009
416 Seiten, 19.90 EUR
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