Rollstuhltennis-Spieler Marcus Laudan

Der Traum von den Paralympics

05:58 Minuten
Rollstuhltennis: Marcus Laudan auf dem Spielfeld.
"Durchs Tennis wird man körperlich stärker, psychisch stärker und traut sich eben auch mehr Sachen", sagt Marcus Laudan, der den Sport mit zwölf Jahren für sich entdeckte. © Caroline Kuban
Von Caroline Kuban · 21.03.2021
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Sein Ziel bleibt Tokio. In der Pandemie ist es für den Rollstuhltennis-Athleten Marcus Laudan zwar mehr als schwierig, Qualifikationspunkte zu sammeln. Er und sein Zwillingsbruder Max denken aber nicht daran, ihren Paralympics-Traum aufzugeben.
"Teil der Elite zu sein, zu den besten Spielern zu gehören, sich auch mit denen messen zu dürfen, das ist schon sehr lange mein Traum, da mal teilzunehmen und für den Traum arbeite ich hart", sagt Marcus Laudan.
Viermal die Woche Training in der Halle, täglich Fitness. Marcus Laudan investiert nicht nur Kraft und Zeit in seinen Traum, sondern auch viel Geld: rund 45.000 Euro pro Saison. Besonders die Reisen sind kostenintensiv. Deshalb arbeitet der 29-jährige Student der Betriebswirtschaf nebenher auch noch als Werkstudent. Zurzeit schreibt er an seiner Masterarbeit.

Wettkampfpause wegen Corona

Vor der Coronapandemie reiste Marcus mit seinem Zwillingsbruder Max zu Turnieren in der ganzen Welt, um Qualifikationspunkte für die Paralympics zu sammeln. Die letzte Reise in die USA vor einem Jahr musste er aufgrund der Pandemie nach nur einem Turnier abbrechen. Seitdem finden auch in Deutschland keine Wettbewerbe statt.
Max und Marcus Laudan kommen 1992 als gesunde Kinder zur Welt. Bis zu ihrem fünften Lebensjahr können sie laufen. Marcus bewegt sich auch gerne im Wasser, wie er damals dem Weihnachtsmann erzählt. Auch, wie er seine anfängliche Angst vor tiefem Wasser überwunden hat.
"Ich glaube, so ist es mit vielen Sachen im Leben, dass man so ein bisschen unsicher ist, Angst vor Dingen hat, und es dann einfach macht und erkennt: Okay, es geht trotzdem", sagt Marcus heute.

Wegen einer seltenen Wachstumsstörung im Rollstuhl

Im Kindergartenalter wird bei den Zwillingen eine "Multiple Epiphysäre Dysplasie", eine Störung des Knochen- und Körperwachstums, diagnostiziert. Eine seltene Erkrankung, an der in Deutschland nur wenige Menschen leiden. Zahlreiche Operationen folgen.
"Für uns war es immer schlimm", erinnert er sich. "Jetzt wieder Krankenhaus, wieder OP, wieder völlig fertig nach der OP, wieder keine Muskeln mehr in den Beinen nach der OP und wieder auftrainieren. Andere hatten Kindergarten und wir waren eben auf der Kur. Wir hatten halt uns, aber Freunde hattest du in der Zeit auch nicht." Das lag an dem ständigen Kreislauf OP-Kur, OP-Kur.
Und das geht fünf Jahre lang so. Mit neun Jahren sitzen Marcus und Max im Rollstuhl. Drei Jahre später bringt sie die Mutter zum Rollstuhltennis bei den "Zehlendorfer Wespen" und mit dem ersten Aufschlag ist Marcus klar: Das wird sein Sport.

Dank Tennis zu körperlicher und seelischer Stärke

Er bekommt einen speziellen Tennis-Rollstuhl, besonders leicht, besonders wendig, lernt mit dem Schläger umzugehen und arbeitet sich hoch: "Es hat unglaublich viel verändert. Durchs Tennis wird man körperlich stärker, psychisch stärker und traut sich eben auch mehr Sachen."
Rollstuhltennis: Marcus Laudan auf dem Spielfeld in Aktion.
"Im Moment geht es körperlich eher bergauf": Marcus Laudan ist trotz schwieriger Rahmenbedingungen in der Pandemie optimistisch.© Caroline Kuban
Ein Schlüsselerlebnis hat er mit 13 Jahren, als er sich das erste Mal weigert, nach der Schule mit dem Krankentransport nach Hause zu fahren.
"Ich wollte nicht mehr, ich wollte auch mal mit meinen Freunden abhängen, und dann musste ich aber irgendwie nach Hause kommen", erzählt er. "Ich konnte keine Fahrpläne lesen, ich bin noch nie Bus gefahren, hab es aber irgendwie geschafft. Hat sehr lange gedauert, ein paar Mal verfahren, aber ich habe es geschafft. Und danach war es kein Thema mehr für mich."
Bis heute steht für Marcus seine Behinderung nicht im Vordergrund. In seinen Träumen ist er immer als Fußgänger unterwegs.
"Ich sehe mich eben nicht als jemand, der was hat, sondern ich rolle halt, das ist meine Fortbewegung", erklärt er. "Aber ich sehe mich nicht als behindert. Es ist eine Selbstwahrnehmung, die ich so habe."

Zwillinge, die sich gegenseitig Halt geben

Früher haben die Laudan-Brüder oder die "BrothersMcLaud", wie sie sich auf ihrer Webseite nennen, zusammen trainiert. Heute absolvieren sie ihr Training auch individuell.
Dass sie einander haben, sich gegenseitig unterstützen und Halt geben können, habe ihn und seinen Bruder so stark gemacht, meint Marcus. Ob es klappt mit den Paralympics, hängt davon ab, ob sie sich noch qualifizieren können. Dafür müssten sie sich auf Platz 16 vorkämpfen. Max, ist zurzeit auf Platz 25, muss aber gerade noch eine Verletzung auskurieren. Marcus belegt Platz 32. Für Ende April sind Turniere ausgeschrieben in Polen und Portugal. Ob sie jedoch stattfinden, weiß keiner.
Trainer Julian Freudenreich zumindest ist zuversichtlich – und überzeugt, dass Marcus es schaffen kann: "Er hat einen super Biss, er hat einen extremen Willen, aber vor allem ist es dieser Ehrgeiz, der wirklich jetzt noch mal über die letzten Monate größer geworden ist, im Hinblick auf die kommende Saison, sich immer weiter zu verbessern."
Marcus Laudan ist zuversichtlich: "Im Moment geht es körperlich eher bergauf, ich habe nicht das Gefühl, jetzt abzubauen, und kann mir auch vorstellen, dass Paris dann, die Paralympischen Spiele 2024, noch eine Option sind."

Sportrollstühle sind viel mehr als nur Mobilitätshilfen. Inzwischen gibt es etliche Hersteller, die sich auf die Produktion von Sportrollstühlen spezialisiert haben. Was auch zeigt, dass der Behindertensport bei uns mittlerweile eine viel größere Akzeptanz hat. Elmar Krämer hat sich das einmal genauer angesehen - hören Sie hier seinen Beitrag:
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