Robert Schumanns 2. Sinfonie

"Nimm sie hin denn, diese Lieder"

Clara Schumann, geborene Wieck, mit ihrem Mann, dem Komponisten Robert Schumann auf einer zeitgenössischen Darstellung.
Musikalisch vereint: Clara und Robert Schumann © picture alliance / dpa / Ullstein
Moderation: Ulrike Timm · 07.01.2018
"In mir paukt und trompetet es sehr – ich weiß gar nicht, was daraus werden wird", schrieb Robert Schumann im September 1845. Was kam, war ein Schmerzenskind, denn keine seiner Sinfonien wurde so kontrovers beurteilt wie jene in C-Dur op. 61.
"Durch Mendelssohn verleitet, durch Beethoven geblendet, durch Bach gelähmt", so spottete man zu Schumanns Zeit. Seine Zweite ging erst nach und nach ins Repertoire ein, dann aber umso nachdrücklicher. Fiebrig nervös und oft wie getrieben, bewegt sie ihr Publikum mit einer stimmungsvollen Einleitung und einem der klangschönsten langsamen Sätze der Orchesterliteratur. In ihrer inneren Zerrissenheit wirkt die Zweite Sinfonie heute wie eines der modernsten Werke des Komponisten.
Robert Schumann durchlebte die Arbeit an diesem Werk als Heilung von einer schweren Depression. "In gewisser Weise bestand seine Aufgabe in dieser seiner größten Sinfonie darin, die beiden Teile seiner Persönlichkeit miteinander zu verschmelzen und mit sich selbst wieder eins zu werden. Dies ist ein faszinierender Prozess", sagte der Dirigent Roger Norrington einmal.

Bach-Therapie

Halt und Orientierung fand Schumann in der Musik Johann Sebastian Bachs, dessen Musik er als Selbsttherapie studierte. Mit faszinierendem Ergebnis: So basiert etwa der langsame Satz auf einem Zitat aus Bachs Triosonate aus dem "Musikalischen Opfer", und klingt doch durch und durch romantisch. Und auch Beethoven kommt zu Wort – mit einem Zitat aus dessen Liederzyklus "An die ferne Geliebte". Schumann verwendet es so eindrücklich und an so ungewöhnlicher Stelle, dass man kaum umhin kann, es als eine Widmung an seine Frau Clara zu hören, die ihn durch diese schwere Zeit begleitete.
Und doch ließ sich Schumann von den großen Vorbildern nur anregen – er imitierte sie nicht, sondern fand seine formal und klangfarblich eigene Sprache für das große Orchester. Unsere Sendung durchstreift eine diskographische Spanne von fast 90 Jahren, von Hans Pfitzner und Carl Schuricht über Herbert von Karajan und Sergiu Celibidache, John Eliot Gardiner und Nikolaus Harnoncourt bis hin zu neueren Aufnahmen von Roger Norrington und Yannick Nézet-Séguin.