Robert Harris: "Konklave"

Die verschlossene Welt der Kardinäle

Links das Buchcover von Robert Harris' "Konklave", rechts der britische Schriftsteller bei einer Lesung in Köln
Links das Buchcover von Robert Harris' "Konklave", rechts der britische Schriftsteller bei einer Lesung in Köln © Heyne Verlag / dpa / Henning Kaiser
Von Philipp Gessler · 22.11.2016
Finten, Mühen und Intrigen: Robert Harris schildert in "Konklave" die verschlossene Welt der Kardinäle während der Wahl eines neuen Papstes. Ein fesselnder Thriller des britischen Bestseller-Autors über katholische Kirchenpolitik im Zeitalter der Globalisierung.
Es beginnt mit einem Toten – und endet mit einer faustdicken Überraschung. Der Tote ist der alte Papst, der ganz offensichtlich eines natürlichen Todes gestorben ist. Die Überraschung am Ende hat etwas mit dem neuen Papst zu tun, der schließlich gekürt wird.
Zwischen diesen beiden Polen entwickelt der englische Bestseller-Autor Robert Harris, 1992 berühmt geworden durch seinen Alternative-History-Thriller "Fatherland", eine überaus spannende Geschichte über das vielleicht aufregendste, in jedem Fall älteste Wahlverfahren der Welt: das Konklave. In ihm bestimmen die Kardinäle der katholischen Weltkirche mit ihren rund 1,2 Milliarden Gläubigen in geheimer Wahl den nächsten Papst.

Tagelang in der Sixtinischen Kapelle eingesperrt

Die in der Regel alten Männer sind seit Jahrhunderten dafür tagelang eingeschlossen in der wunderbaren Sixtinischen Kapelle in Rom. Harris schildert in seinem fiktiven Roman fesselnd diese verschlossene Welt der Purpurträger, die auf den Heiligen Geist vertrauen, um den neuen Papst zu wählen. Er schildert die Finten, die Mühen und die Intrigen, die schließlich zur Wahl des neuen Pontifex Maximus führen.
Mit der Erfahrung eines Autors, der regelmäßig Bücher in Millionenauflagen verkaufen kann, gelingt es Harris, dieses Ringen mit erlaubten und unerlaubten Mitteln zu einer großen Parabel über die Versuchung der Macht zu gestalten.
Die besondere Stärke des Buches ist es, dass es sich auf sehr gut recherchierte Fakten über das uralte Wahlverfahren wie über die Geschichte des Konklaves, der Kirchengeschichte und der Päpste stützen kann. Ein Beispiel: Die in einem Nebensatz eingestreute Geschichte, wie der verstorbene Papst Pius XII. 1958 wegen einer schlechten Einbalsamierung noch während der öffentlichen Trauerfeier in seinem Sarg aufgrund schon auftretender Verwesungsgase explodierte, klingt unglaublich skurril – stimmt aber im Wesentlichen.

Viele Bezüge zur aktuellen Kirchenpolitik

Auch die vielen Bezüge zur heutigen Kirchenpolitik und zu den globalen Machtinteressen innerhalb der katholischen Kirche sind so kenntnisreich, dass am Ende der Eindruck bleibt: Ja, ungefähr so könnte, wenn auch mit etwas weniger Suspense- und Crime-Elementen, ein kommendes Konklave ablaufen.
So wäre das Buch uneingeschränkt zu empfehlen - wenn nur nicht das Ende dann doch ein wenig zu zugespitzt daher kommt.
Harris liefert mit seiner großen Fabulierkunst eine überraschende Pointe, die des Guten etwas zu viel ist. Aber bis dahin hat man sich, ob kirchenfern oder kirchennah, sehr gut unterhalten. Und auf angenehmste Weise sehr viel gelernt.

Robert Harris: Konklave
Heyne Verlag, München 2016
352 Seiten, 21,99 Euro

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