Robert H. Frank: "Ohne Glück kein Erfolg"

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Glück hat zum Beispiel jemand, der in einem Gemeinwesen aufwächst, in dem vieles relativ gut funktioniert. © DTV; imago stock&people
Von Michael Schornstheimer · 27.01.2018
Einfach mal zugeben, wie viel Glück man hat! Auf die Mitmenschen wirke man damit sympathischer, schreibt Robert H. Frank in "Ohne Glück kein Erfolg". Der Ökonom unterscheidet zwischen "situativem" und "strukturellem" Glück, tut dies aber leider wenig trennscharf.
Vetternwirtschaft und Klassenprivilegien beschädigen jedes demokratische Gemeinwesen. Das leuchtet sofort ein. Viel vernünftiger erscheint dagegen, wenn Talent und Fleiß die wichtigsten Voraussetzungen sind, um in Führungs- und Machtpositionen zu kommen. Talent plus Fleiß gleich Erfolg, könnte die Formel lauten.
Wer erfolgreich ist im Leben, insbesondere finanziell, verweist gern darauf, dass er manches riskiert und lebenslang hart gearbeitet hat. Den Faktor Glück leugnen viele. Dass zu jedem Erfolg auch eine Portion Glück und Zufall gehört, wollen die wenigsten zugeben, geschweige denn sich sagen lassen. Besonders eindrucksvoll beweisen dies Schauspielerkarrieren, erläutert Frank:
"Bryan Cranston beispielsweise war ein typischer Nebendarsteller mittleren Alters, als Produzent Vince Gilligan vorschlug, ihn für die Hauptrolle seiner TV-Serie ›Breaking Bad‹ zu besetzen. Und auch in diesem Fall zögerten die Studiobosse zunächst. (…) Heute zählt er zu den Gefragtesten seiner Zunft. Gewiss, Cranston ist äußerst talentiert, aber es gibt Tausende ebenso talentierter Kollegen, die es trotz harter Arbeit nie ins Rampenlicht schaffen."

In einem funktionierenden Staat zu leben, ist ein Glücksumstand

Im Unglück Glück hatte der Autor Robert Frank, als er in jungen Jahren bei einem Tennismatch einen plötzlichen Herztod erlitt und nur deshalb gerettet werden konnte, weil unweit des abseits gelegenen Tennisplatzes zufällig ein Rettungswagen vorbeifuhr.
Doch sein Glück war auch strukturell, weil in den USA das Gesundheitswesen einigermaßen funktioniert. Wäre Frank nicht als US-Amerikaner, sondern als Nepalese geboren, hätten seine Überlebenschancen deutlich schlechter gestanden.
Diesen Unterschied zwischen situativem und strukturellem Glück hält Frank nicht trennscharf auseinander. Meistens geht es ihm aber um das strukturelle Glück. Das Glück, in einem Gemeinwesen aufgewachsen zu sein, in dem vieles relativ gut funktioniert. Allerdings hat die Infrastruktur in den letzten Jahrzehnten gelitten. Vielfach ist sie marode. Und es fehlen die Gelder, sie zu erneuern. Und hier kommt wieder das Glück ins Spiel. Denn vor allem die Millionäre und Milliardäre in den USA, deren Reichtum auch auf Glück beruht, argumentieren gern, sie wollten ihr hart verdientes Geld nicht einem gierigen Staat in den Rachen werfen.

Wer Steuern spart, vermindert strukturelle Glücksmöglichkeiten

Dem setzt Frank entgegen, dass von einem funktierenden Gemeinwesen alle Bürger etwas haben, die Armen genauso wie die Reichen:
"Ganz gleich, wie reich man ist, man wurde wahrscheinlich lieber einen 150.000-Dollar-Porsche 911 Turbo auf einem gut instand gehaltenen Highway fahren, als einen 333.000-Dollar-Ferarri Berlinetta auf einer Straße voller Schlaglocher. Warum also befürworten immer noch so viele reiche Autofahrer niedrigere Steuern, obwohl sie ganz genau wissen, dass die Folge ein weiterer Verfall der staatlichen Infrastruktur ist?"
Deshalb plädiert der Wirtschaftswissenschaftler Robert Frank leidenschaftlich dafür, das alte Steuersystem der Einkommenssteuer durch ein System der Konsumsteuer zu ersetzen, um dadurch zusätzliche Milliarden-Einnahmen für eine Erneuerung der Infrastruktur zu generieren. Warum das aber funktionieren sollte, belegt er nicht überzeugend. Denn insbesondere Milliardäre können nur einen winzigen Bruchteil ihres Geldes für Konsum ausgeben. Den Löwenanteil horten sie häufig auf Offshore-Konten.

Glück macht sympathisch? Aber ja!

Sein Buch wechselt im amerikanischen Wissenschaftsstil munter - man kann auch kritisieren: allzu sprunghaft - zwischen persönlichen Erlebnissen und psychologischen Studien und Experimenten. So hat er beispielsweise folgendes herausgefunden: Wer zugeben kann, dass er in seinem Leben auch Glück gehabt hat, wirkt auf seine Mitmenschen sympathischer:
"Kurz gesagt könnte es in unserem eigenen Interesse liegen, die Rolle des glücklichen Zufalls bei unseren Erfolgen anzuerkennen. (…) Und indem er uns zu potenziell attraktiveren Teamkollegen macht, könnte der bloße Umstand, dass andere besser von uns denken, außerdem dazu führen, dass es uns mit höherer Wahrscheinlichkeit auch materiell gesehen bessergeht."
Glück zu haben und dies auch zuzugeben, könnte also unser Leben ändern. Und vielleicht auch die Gesellschaft. Gut, dass Frank die Faktoren Erfolg und Glück endlich einmal zusammenbringt. Aber er tut das zu unstrukturiert und chaotisch.

Robert H. Frank: "Ohne Glück kein Erfolg"
Der Zufall und der Mythos der Leistungsgesellschaft.
Aus dem Englischen von Katrin Harlas
DTV, 220 Seiten, 20 Euro

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