Ringsgwandl und seine "Stubenoper"

Spaziergang mit Hund und Musik

Der bayerische Kabarettist und Musiker Georg Ringsgwandl
Der bayerische Kabarettist und Musiker Georg Ringsgwandl © dpa / picture alliance / Armin Weigel
Von Bernhard Doppler · 29.07.2015
Eine Frau, ein Hund und drei Stimmen: Daraus macht Georg Ringsgwandl eine überzeugende Sprechoper, die bei den Tiroler Volksschauspielen in Telfs gezeigt wird. "Der Hund, der Hund" ist ein kammermusikalischer Streifzug durch die Erinnerungen einer einsamen alten Dame.
Zum zweiten Mal bereits setzt der Rocksänger, Musiker und Kabarettist Dr. Georg Ringsgwandl bei seinen Theaterstücken auf die Tiroler Volksschauspiele. Nach seiner später auch auf größeren Bühnen nachgespielten "Stubenoper" "Der verreckte Hof" hat er nun zum zweiten Mal im Kranewitter Stadl in Telfs ein Stück zur Uraufführung gebracht: "Der Hund. Der Hund", "Sprechoper für eine ältere Frau, einen Hund und drei Stimmen" nennt er sein Werk.
In der Tat sind die schon 33 Jahre alten Tiroler Volksschauspiele einzigartig im deutschen Sprachraum: Sie haben die Idee eines intellektuellen sozialen Volksstücks – wie es in den 70er- und 80er-Jahren mit der Wiederentdeckung von Ödön von Horvath und den Stücken von Mitterer, Kroetz, Sperr populär war – weiterentwickelt und dabei konsequent prominente Schauspieler mit der Amateurtheatertradition in den Gemeinden vor Ort zusammengebracht.
Auch "Der Hund. Der Hund" scheint mit seinen reduzierten theatralischen Mitteln geradezu ein Gegenentwurf zum eingefahrenen aufwändigen Theaterbetrieb. Wie im "verreckten Hof" steht auch hier eine alte Frau im Mittelpunkt. War es dort eine pflegebedürftige Bäuerin, die dennoch ihren alten Bauernhof nicht aufgeben wollte, ist es nun eine einsame Dame, die ihren Hund vier Mal am Tag spazieren führt: Ein kammermusikalischer Spaziergang im Stadl in vier Sätzen, denn die alte Frau wird von Stimmen, Erinnerungen, Gesprächen der Umgebung (Streit aus einem Haus), Alltagsgeräuschen (Reifenquietschen, Fabriksirenen, Scharren) heimgesucht.
Text voller Poesie und ohne Kalauer
Um den Steg in der Mitte des Kranewitter Stadls (Bühne Karl Heinz Steck) turnen die Stimmen herum, deuten Alltagsszenen an, klettern auf den Dachboden (Klaus Rohrmoser, Lisa Hörtnagl, Andreas Mittermeier, Regie: Susi Weber). Sie singen, sprechen oder rappen, in der Regel in einem sehr leisen, oft flüsternden Ton. Ringsgwandl verzichtet fast völlig auf schnelle kabarettistische Kalauer, sondern hat einen Text voll Poesie geschaffen, wenn er die Erfahrungen und die Weltsicht der einsamen alten Frau mit Hund ausbreitet. Wenn man will, kann man sich da im Stadl durchaus auch an großes klassisches Theater erinnert fühlen, an Samuel Becketts "Das letzte Band" zum Beispiel.
Doch dass sein genau durchkomponiertes Stück so überzeugt, verdankt es vor allem seiner eindringlichen, imponierenden Hauptdarstellerin: Christine Ostermayer – schon oft Gast bei den Volksschauspielen – spielt die alte Frau und zeigt, wie Volkstheater auch sein kann: diszipliniert, zart, ja vornehm.
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