RIAS Kammerchor im Krematorium Berlin

Mehrstimmige Klage an einem besonderen Ort

Die Trauerhalle des Krematoriums Baumschulenweg im Berliner Bezirk Treptow, aufgenommen am 06.06.2007. Der Raum mit den 29 Rundstützen, Lichtkapitellen und sternartigen Deckenstrahlern soll Zeitlosigkeit, Himmel und Erde symbolisieren. Bereits 1992 wurde der Architektenwettbewerb für das neue Krematorium durchgeführt, als Sieger gingen die Architekten Axel Schultes und Charlotte Frank hervor, die später auch den Zuschlag für den Bau des Kanzleramtes am Spreebogen erhielten. Startschuss für den Neubau war 1996, am 3. Mai 1999, konnte der Betrieb des Krematoriums aufgenommen, knapp einen Monat danach die offizielle Einweihung begangen werden.
Der RIAS Kammerchor Berlin präsentiert Werke alter Meister in der Trauerhalle des Krematoriums Baumschulenweg. © picture alliance / dpa / Steffen Kugler
Moderation: Mascha Drost · 22.07.2018
Ein Ort des Abschieds und des Gedenkens: In würdevoller Umgebung führt der RIAS-Kammerchor Berlin Trauermusik der spanischen und englischen Renaissance auf – im architektonisch streng gestalteten Krematorium Baumschulenweg.
Der RIAS Kammerchor Berlin hat sich einen besonderen Ort für sein Konzert gesucht, den modernen, klaren Raum im Krematorium Berlin-Baumschulenweg. Kein Schnörkel, keine Finesse lenken hier die Hinterbliebenen bei ihrem Gedenken ab. Diese Konzentration auf die Situation schafft auch eine besondere Kraft für die Musik, die hier erklingt.
Henry Purcell, englischer Komponist des Barock.
Der Englische Barockkomponist Henry Purcell wurde als Orpheus Britanniens gefeiert - Orpheus, der bekanntlich Tote mit seinem Gesang erwecken konnte.© imago/United Archives International
Das Konzert stellte Renaissancemusik aus Spanien und England alter, vergangener Meister vor. Henry Purcell hat am Londoner Hof großen Ruhm erlangt. Tomás Luís de Victoria war ebenso berühmt als Komponist und hochgestellter Geistlicher, erst in Rom und dann in Madrid. Fast alle seine Werke komponierte er für sein liturgisches Umfeld, das er auch als Organist prägte. Am spanischen Hof genoss er hohes Ansehen.
Spaniens König Philipp II. (1527-1598)
Spaniens König Philipp II. (1527-1598)© dpa / picture alliance / Ivy_Close_Images_/Landov
Den Komponisten Alonso Lobo verehrte er sehr. Sein "Versa est in luctum" entstand für die Grablegung Philipps II. und besticht durch seine zarten Stimmverstrickungen, die den Zuhörer in einen fließenden Bann ziehen können.

Improvisation als lebendiger Kontrast

Dem Vergangenen begegnet der Konzertabend mit Improvisationen, die nur im gegenwärtigen Moment erwachsen. Andreas "Scotty" Böttcher ist Jazz-Komponist und Pianist, legt aber besonderen Wert auf das Improvisieren, auch auf dem Marimbaphon. Musikalische Freiheit ist sein Credo.
Chordirektor Bernhard Heß im Gespräch mit Mascha Drost über die Wahl des ungewöhnlichen Konzertortes - ein Konzert in einem Krematorium:

Der RIAS-Kammerchor steht auf einer Treppe
Der RIAS Kammerchor Berlin in der aktuellen Saison 2018/2019© RIAS Kammerchor/Matthias Heyde
Aufzeichnung des Konzertes vom 8. Juni 2018 im Krematorium Berlin-Baumschulenweg, Berlin.
Tomás Luís de Victoria
"Missa pro defunctis"
Henry Purcell
"Hear my prayer"
Alonso Lobo
"Versa est in luctum"
Improvisationen
Mehr zum Thema