Restaurierung alter Filme

Wenn es verdächtig nach Essig riecht

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Ein vom Essigsyndrom befallener Filmstreifen kräuselt sich.
Das Essigsyndrom ist ein unaufhaltsamer chemischer Verfallsprozess, der eine Filmkopie schließlich unbrauchbar macht. Dabei entsteht der typische Essiggeruch. © Imago / Ronald Grant
Julia Wallmüller im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 27.10.2020
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Die Filmrolle als Blackbox: Ist der alte Film gut erhalten oder eine Katastrophe? Kann man ihn noch retten? Dem geht die Filmrestauratorin Julia Wallmüller mit Hingabe nach - und mit der Nase. Ergebnisse zeigt die Deutsche Kinemathek in Berlin.
21 Filmkostbarkeiten aus 15 europäischen Ländern präsentiert die Deutsche Kinemathek in Berlin vom 27. Oktober an mit ihrem "Filmerbe-Festival". Darunter sind Stummfilme, die jahrelang in Archiven lagerten und restauriert wurden. Zu verdanken ist das unter anderem der Arbeit der Filmrestauratorin Julia Wallmüller, die bei der Kinemathek das Digitalisierungsprojekt "Förderprogramm Filmerbe" leitet.

Ein Film wie ein Salat

Für ihren Beruf braucht sie Liebe zum Material und zum Film ohnehin, aber auch die Hingabe, sich damit wirklich auseinanderzusetzen, sagt sie. Denn die Arbeit ist eine besondere Herausforderung, wenn der Film schwere Zersetzungserscheinungen aufweist: "Man macht die Büchse auf und alles ist eine Katastrophe."
Im Still aus "Katzensteg" sind Kreuze auf einem Friedhof zu sehen, überlagert per Doppelbelichtung mit Skelettsoldaten.
Auch Gerhard Lamprechts "Katzensteg" wird beim Filmerbe-Festival gezeigt. Darin rächt sich eine preußische Dorfgemeinschaft am Sohn ihres verräterischen Barons.© Deutsche Kinemathek
"Das Gängige ist das Vinegar-Syndrom", auf Deutsch auch "Essigsyndrom" genannt, erläutert Wallmüller. Azetatfilme setzen demnach im Zuge ihrer Alterung Essigsäure frei: "Das riecht dann nach einem guten Salat."
Dann ist es höchste Zeit für Rettungsmaßnahmen, die kleinteilig ausfallen können. Wie bei dem Film "Der Katzensteg" von 1927, den das "Filmerbe-Festival" auf dem Programm hat: Wallmüller musste viele Fehlstellen zusammenstückeln und aus verschiedenen schlechten Kopien wieder ein Werk entstehen lassen.
(bth)

Die Deutsche Kinemathek in Berlin zeigt vom 27. Oktober bis 1. November: "Film Restored – Das Filmerbe-Festival".

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