Restauriertes Leben

Synagoge im Freilandmuseum

Die alte jüdische Synagoge in Allersheim wir präpariert für den Umzug ins Museum
Die alte jüdische Synagoge in Allersheim wird präpariert für den Umzug ins Museum © dpa / picture alliance / David Ebener
Von Thomas Senne  · 28.08.2015
Die alte, ehemalige Synagoge von Allersheim wird wieder interessant gemacht: Denkmalschützer, Restauratoren und Museumsfachleute tummeln sich um das Gebäude, das einst der Jüdischen Gemeinde gehörte. Juden lebten dort bereits seit dem 16. Jahrhundert. Jetzt kommt die fränkische Synagoge in das Freilichtmuseum.
"Das Gebäude ist als Synagoge erbaut, 1740, und war dann bis 1911 als Synagoge in Nutzung und ist dann verkauft worden von der jüdischen Gemeinde an einen ortsansässigen Landwirt in Allersheim – das liegt im südlichen Landkreis Würzburg – und das heißt: seit 1911. Seit über 100 Jahren ist es schon keine Synagoge mehr, sondern ist als Bauernhaus mit Stallungen genutzt worden und in den letzten Jahrzehnten stand es leer."
Und verfiel. Wegen Abwanderungen, so erzählt der Leiter des Freilandmuseums von Bad Windsheim, Herbert May, war die jüdische Gemeinde von Allersheim Anfang des 20. Jahrhunderts zu klein geworden und musste deshalb die Synagoge veräußern. Von außen wirkt der zweigeschossige Fachwerkbau heute wie ein Wohnhaus, an dem der Zahn der Zeit unerbittlich genagt hat. Doch Bagger oder Abrissbirnen sind vor dem altersschwachen Gebäude nicht zu entdecken. Denn zerstört soll die Synagoge nicht werden, sondern nach ihrem Abbau vor Ort als wichtiges historisches Architekturdenkmal Wiederauferstehung feiern - im Fränkischen Freilandmuseum von Bad Windsheim: das erste jüdische Gotteshaus, das dann in einem bayerischen Freilandmuseum bestaunt werden kann. Behutsam sichern Handwerker und Experten die Relikte und bereiten sie für den Abtransport vor.
Noch ein weiter Weg bis zu begehbaren Synagoge
"Wir haben noch keine Synagoge hier im Museum und das jüdische Leben hat hier in Franken eine wichtige Rolle gespielt und wir wollen es unbedingt dokumentieren. Und das können wir am besten, wenn man ein Gebäude, das mit dem jüdischen Landleben zu tun hat, hier aufbaut. Wir haben 'ne Kirche hier stehen, eine evangelische Kirche, die Spitalkirche. Da zeigen wir das Protestantentum, die Geschichte des Protestantismus in Franken. Und wir haben auch zum Katholizismus hier einiges dargestellt und insofern fehlte hier noch was."
Bis es aber die Synagoge für Besucher zugänglich ist, wird noch etliche Zeit vergehen. Zunächst muss das Gebäude Schritt für Schritt abgebaut, nach Bad Windsheim transportiert und dort wieder neu errichtet werden: ein langwieriger Prozess, sagt Museumsleiter Herbert May.
"Ganz wichtig ist, dass wir das Gebäude in ganzen Teilen übernehmen. Also nicht Balken für Balken, Stein für Stein, sondern da wird Wandweise versetzt – also die Außenwand, die Traufwand, die Giebelwand, dann die Innenwände. Das sind dann insgesamt vielleicht, na ja, so elf, zwölf Wandteile, die wir im Ganzen übernehmen. Und der unschätzbare Vorteil dieser Art der Translozierung ist, dass wir alle historischen Informationen, die auf diesen Wänden drauf sind, erhalten."
Auch die Mikwe wird in einem aufwändigen Verfahren versetzt. Besonderes Augenmerk richtet Museumsrestaurator Dieter Gottschalk dabei auf das hölzerne Tonnengewölbe, das einst den Betsaal überwölbte. Bei der profanen Nutzung war es hinter einer geraden Bretterwand verschwunden.
Wie bei einem Puzzle
"Was wir hier sehen, das sind die Bretter der hölzernen Tonne, die es in dem Betsaal über der Allersheimer Synagoge gegeben hat. Ich leg Ihnen grad mal eines dieser Bretter hier hin. Das ist natürlich relativ kurz dieses Brett. Aber das hängt damit zusammen, dass diese Bretter dann – nachdem die Synagoge ja in bäuerlichen Besitz übergegangen – abgenommen wurden. Sie wurden dann zerschnitten und in die neu eingezogene Decke gelegt, quasi zur Auffüllung dieser Decke in die Fehlböden hinein, und so haben sich diese Bretter dann auch uns überliefert."
Wie bei einem Puzzle wird man versuchen, die Bretter zusammenzusetzen, um sie im ursprünglichen Zustand präsentieren zu können. Geringe Farbspuren beweisen, dass die Hölzer einst mit Verzierungen versehen waren.
"Sie müssen sich das so vorstellen, dass diese hölzerne Tonne überwiegend weiß gefasst war. Auf den Stößen der Bretter waren dann noch Leisten aufgenagelt. Und es dann nur wenige Positionen gegeben, vermutlich, mit Malereien. Und von den insgesamt 105 Brettern, die wir in den Fehlböden gefunden haben, finden sich nur fünf Brettabschnitte mit Resten von Malereien. Die deuten auf hellblaufarbene Kartuschen hin, um die herum sich ein Rankenwerk ziert. Möglicherweise handelt es sich dabei auch um verzierte hebräische Buchstaben. Aber da sind wir noch dran momentan, das kann ich im Moment noch nicht so bestätigen."
Bis die Allersheimer Synagoge im Freilandmuseum von Bad Windsheim wieder zugänglich ist, werden noch vier bis fünf Jahre vergehen, schätzt der Restaurator. Dann aber wird das denkmalgeschützte Gotteshaus auf dem musealen Gelände sicher ein Schmuckstück sein: ein architektonisches Zeugnis jüdischen Landlebens in Franken.
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