Republikaner-Parteitag

Trump-Nominierung ohne Begeisterung

Donald Trump am Rednerpult, hinter ihm sein Gesicht in Großaufnahme auf einer Leinwand
Trotz medialer Inszenierung war der Republikaner-Parteitag für den Präsidentschaftskandidaten Donald Trump kein guter Start in den Wahlkampf © AFP/Timothy A. Clary
Christian Lammert im Gespräch mit Korbinian Frenzel  · 22.07.2016
Der Amerikanist Christian Lammert erwartet in den USA einen hässlichen Wahlkampf. Die Popularitätswerte beider Kandidaten seien so niedrig, dass sich die Wähler nur mit einer Kampagne gegen den politischen Gegner mobilisieren ließen.
Der Republikaner-Parteitag sei vor allem Ausdruck einer gespaltenen, zutiefst verunsicherten Republikanischen Partei gewesen, sagt Christian Lammert, Professor für Nordamerikanische Politik an der Freien Universität Berlin. Die Republikaner hätten mit Donald Trump einen Kandidaten, der zwar bei bestimmten Gruppen mobilisieren könne, aber von der Partei insgesamt nicht unterstützt werde.
"Das war keine Botschaft für den jetzt startenden Wahlkampf, da ist keine Begeisterung aufgekommen und da wird er auch im Vergleich zu dem Parteitag der Demokraten nächste Woche mit einem großen Nachteil in den Hauptwahlkampf gehen."

Extrem negativer Wahlkampf

Über die Aussichten beider Präsidentschaftskandidaten Trump und Hillary Clinton von den Demokraten sagt Lammert:
"Das sind die Kandidaten, die seit 30 Jahren die niedrigsten Popularitätswerte als Präsidentschaftskandidaten in den Wahlkampf mit reinbringen."
Deshalb sei zu befürchten, dass es ein "extrem negativer Wahlkampf" werde. Die eigene Partei könne allein über den Kandidaten der anderen Partei mobilisieren, indem sie abschrecke und den Untergang des Landes prophezeie, wenn der politische Gegner Präsident werde.
"Man mobilisiert mit dem Gegner und nicht mit dem eigenen Programm und das heißt, wir werden einen negativen und sehr hässlichen Wahlkampf sehen."

Das Interview im Wortlaut:

Korbinian Frenzel: Die große Donald-Show ist zu Ende, der Parteitag der Republikaner in Cleveland, der gelinde gesagt etwas holprig war. Letzte Versuche seiner Gegner, ihn zu stoppen, gab es – die Rede seiner Frau Melania, die ein bisschen abgeschrieben hatte bei Michelle Obama, zu guter Letzt Ted Cruz, sein schärfster Konkurrent, der vor den Delegierten sprach und dabei durch die Blume ziemlich deutlich machte: Donald Trump ist nicht der Richtige für den Job im Weißen Haus.
All das war, aber nichtsdestotrotz, Donald Trump ist der Mann, der im November auf dem Wahlzettel steht. Er hat die Nominierung ja am Morgen angenommen. Was jetzt? Christian Lammert, Professor für nordamerikanische Politik an der Freien Universität Berlin, guten Morgen, ich grüße Sie!
Christian Lammert: Guten Morgen!
Frenzel: Ende gut, alles gut? Versammelt sich jetzt das konservative, das rechte Amerika hinter Donald Trump?
Lammert: Nein, das glaube ich weniger, dafür war der Parteitag zu sehr Ausdruck einer gespaltenen und zutiefst verunsicherten republikanischen Partei, die in verschiedenen Flügeln keine gemeinsame Richtung findet und die mit Trump auch momentan einen Kandidaten hat, der zwar bei bestimmten Gruppen mobilisieren kann, aber insgesamt von der Partei nicht unterstützt wird. Und das war keine Botschaft für den jetzt startenden Wahlkampf – da ist keine Begeisterung aufgekommen, und da wird er wahrscheinlich dann auch im Vergleich zu dem Parteitag der Demokraten nächste Woche mit einem großen Nachteil in den Hauptwahlkampf gehen.

Doppelte Spaltung in den USA

Frenzel: Was wird er sehen bei der Grand Old Party? Diese Zerrissenheit, die Sie beschrieben haben, ist das symptomatisch für die amerikanische Gesellschaft insgesamt?
Lammert: Ja, wir sehen momentan eigentlich eine doppelte Spaltung in Amerika: einmal eine ideologische Spaltung in links und rechts, in progressiv und konservativ, die in den letzten 20 Jahren immer größer geworden ist. Und was in den letzten zehn Jahren dazukommt, ist auch noch eine Spaltung in Bürger und politisches Establishment – auch das haben wir ein bisschen auf Seiten der Demokraten, aber viel stärker ausgeprägt aufseiten der Republikaner. Und diese doppelte Spaltung, darunter leiden momentan die Parteien, und die Republikaner finden momentan eigentlich keine Perspektive, um in Zukunft neue Wählerschichten zu erschließen, und das ist das Hauptproblem, was wir momentan sehen.
Frenzel: Das heißt, Donald Trump kann diese Wahl eigentlich gar nicht gewinnen?
Lammert: Nein, ich glaube nicht, dass er gewinnen kann, aber ich hab auch schon nicht gedacht, dass er die Nominierung kriegt, deswegen muss man immer vorsichtig sein. Aber wenn man sich anguckt, wo er mobilisieren kann, das sind eigentlich nur die weiße Arbeiterklasse, Teile der weißen Unterklasse. Er kann nicht mobilisieren bei den Hispanics, bei den Schwarzen, bei Frauen, also die Wählergruppen, die auch entscheidend sind bei Wahlen. Da haben die Demokraten mit Hillary Clinton Vorteile, obwohl Hillary Clinton auch nicht sehr beliebt ist. Aber von der Demografie her und von der Wählerkoalition, die Trump momentan ansprechen kann, haben sie eigentlich keine Chance.

Parteitag der Demokraten wird besser organisiert

Frenzel: Die Demokraten, Sie haben es gesagt, beginnen am Montag ihre große Inszenierung, um Hillary Clinton offiziell zu nominieren, trotz Bernie. Das dürfte alles viel einträchtiger ablaufen als bei den Republikanern, oder?
Lammert: Ja, das ist aber auch eine Frage des Managements. Hier haben die Republikaner den Fehler gemacht, sie hatten die Kontrolle auf dem Parteitag nicht, und das, was wir jetzt hören von den Demokraten, sieht so aus, als hätten die das besser im Griff. Sie haben gleich am ersten Tag Bernie Sanders als Redner, sie haben prominent die Senatorin Elizabeth Warren, die ja auch diesem progressiven Flügel angehört in der Partei, auch als Rednerin. Also hier sieht man, dass das besser eingefangen wird, dieses Protestpotenzial, was sich auch bei den Demokraten in den Vorwahlen gezeigt hat. Da sind die Demokraten momentan einfach professioneller scheinbar in Organisation und Management solcher Parteitage, und das wird ein Vorteil sein.
Frenzel: Und gleichzeitig ist ja aber auch Hillary Clinton keine Frau, die wirklich geliebt wird von ihrer Partei – wird das der traurigste Wahlkampf, den die USA je erlebt haben mit diesen beiden?
Lammert: Da haben Sie vollkommen recht, das sind die Kandidaten, die, ich glaube, seit 30 Jahren die niedrigsten Popularitätswerte als Präsidentschaftskandidaten in den Wahlkampf mit reinbringen, und da steht zu befürchten, dass es ein extrem negativer Wahlkampf wird, weil die eigene Partei eigentlich nur über den Kandidaten der anderen Partei mobilisieren kann, indem man abschreckt und sagt, das wird der Untergang dieses Landes, wenn Hillary Clinton oder Donald Trump Präsident wird. Also man mobilisiert mit dem Gegner und nicht mit dem eigenen Programm, und das heißt, wir werden einen negativen und sehr hässlichen Wahlkampf sehen.

Trump denkt als Geschäftsmann immer nur an Zahlen

Frenzel: Es ist ja nicht ganz egal für den Rest der Welt, wer die Supermacht regiert – wohin werden die USA steuern? Trump hat ja zum Beispiel den Nato-Bündnisfall, also den Beistand im Bündnis infrage gestellt – auch wenn er nicht gewinnen sollte, treiben diese ganzen Debatten das Land in einen Isolationismus?
Lammert: Ja, das sieht momentan so aus, und das kommt bei einigen Segmenten der Wählerschaft auch gut an, vor allem die, die von der wirtschaftlichen Entwicklung nicht so profitieren wie andere und die finden diese Botschaften ganz gut. Und das, was Trump hier macht, ich weiß nicht, ob er das wirklich ein Programm ist, was er hier vorstellt, oder ob das einfach auf Unkenntnis beruht, weil er nicht weiß, wie die Dinge funktionieren, aber so was hat natürlich Konsequenzen.
Und man merkt ihm an, er ist einfach nur ein Geschäftsmann, der immer nur in Zahlen denkt und ans Einzahlen und Auszahlen, und er versteht einfach nicht, was Politik bedeutet und auch was die Diplomatie bedeutet. Das ist ein Problem für die USA, da geht schon viel Vertrauen jetzt verloren, und sollte er noch im Wahlkampf erfolgreicher sein, kann das auch noch stärkere Konsequenzen haben.
Frenzel: Das harte Urteil von Christian Lammert, Professor für nordamerikanische Politik an der Freien Universität Berlin. Ich danke Ihnen für Ihre Zeit und für Ihre Einschätzung!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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