Napoleon

Kurze Rückkehr

Eine junge Frau betrachtet im Kulturhof Krönbacken in Erfurt eine Büste von Napoleon Bonaparte. Diese und andere Leihgaben dokumentierten 2008 in der Ausstellung "Erfurt als Domäne Napoleons 1806-1814" die Zeit der napoleonischen Herrschaft Anfang des 19. Jahrhunderts in Erfurt.
Eine junge Frau betrachtet eine Büste von Napoleon Bonaparte © picture alliance / ZB / dpa / Hendrik Schmidt
Von Ernst Rommeney · 06.12.2014
1814 dankte Napoleon ab. Seine Herrschaft war damit aber nicht endgültig beendet. 1815 kehrte er zurück, für 100 Tage. In "Napoleons hundert Tage" untersucht der ehemalige Programmdirektor des Deutschlandradios, Günter Müchler, diese Episode.
14 Jahre lang herrschte Napoleon über Frankreich und Europa, bis ihn die siegreichen Großmächte nach Elba ins Exil schickten. Dort aber hielt er es nur 300 Tage aus.
Er kehrte zurück, vielleicht weil der regierende König dem abgedankten Kaiser die versprochene Apanage verweigerte, vielleicht weil er es 100 Tage lang noch einmal wissen wollte. Er erfuhr sein Scheitern und blieb bis zu seinem Tode sechs weitere Jahre nunmehr auf Saint-Helena verbannt.
Es war eine Episode, die alle anderen auf dem Kontinent, Monarchen und Diplomaten, für verzichtbar hielten. Und doch findet sie Günter Müchler interessant genug, um darin die Persönlichkeit Napoleons auszuloten und zugleich ein gesellschaftliches Sittengemälde zu zeichnen. So löste Bonapartes Abdankung, Rückkehr und erneute Abreise aus Paris eine ganze Serie von verratener Loyalität aus.
Am Misstrauen gescheitert
Er selbst wusste um die Risiken, schaffte es, ohne Blutvergießen, ohne einen Bürgerkrieg anzuzetteln, gestützt auf sein Charisma und alte Netzwerke, von der Cote D'Azur in die Hauptstadt zu ziehen.
Lesart-Cover: Günter Müchler "Napoleons hundert Tage"
Günter Müchler "Napoleons hundert Tage"© Konrad Theiss
Erst später gestand er sich zwei Fehler ein, zu früh los gezogen zu sein, nicht erst das Ende des Wiener Kongresses abgewartet zu haben. Ferner auf seine politischen Gegner zugegangen zu sein, mit den Liberalen eine konstitutionelle Monarchie versucht zu haben.
Gescheitert war er aber am Misstrauen. Weder innerhalb noch außerhalb Frankreichs nahm man dem ehemaligen Eroberer ab, nur noch Friedenspolitik im Sinn zu haben, weder eine Alleinherrschaft, noch eine zweite Revolution gegen Adel und Klerus anzustreben. Noch nicht in Paris angekommen, erklärten ihn die Mächtigen Europas in Wien zum Störer und Feind.
Nach kurzem Erfolg musste er einsehen, dass es einsam um ihn war. Nicht einmal seine Frau wollte ihn wiedersehen und enthielt ihm den Sohn vor.

Günter Müchler: Napoleons hundert Tage
Eine Geschichte von Versuchung und Verrat
Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2014
256 Seiten, 24,95 Euro

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