Reginald Hill: "Die letzte Stunde naht"

Kunst der Fuge

Buchcover von "Reginald Hill: "Die letzte Stunde naht" und Pistole auf einem Tablett
Fünf Jahre nach dem Tod von Reginald Hill ist sein letzter Roman "Die letzte Stunde naht" auf Deutsch erschienen. © Droemer / imago / Gerhard Leber
Von Tobias Gohlis · 31.03.2017
Reginald Hill war einer der großen englischen Kriminalerzähler. Fünf Jahre nach seinem Tod erscheint sein letzter Roman "Die letzte Stunde naht" auf Deutsch. Es geht um die Suche nach einem verschwundenen Polizisten.
Reginald Hill, 2012 viel zu früh im Alter von 76 Jahren verstorben, war einer der großen englischen Kriminalschriftsteller: umfassend literarisch gebildet, ein glänzender Stilist und Autor von tiefem Humor.
Mit dem fetten Rabauken Superintendent Andy Dalziel und seinem zarter gestrickten DI Peter Pascoe hat er ein unsterbliches Ermittlerpaar geschaffen; ihm gelang es, Literatur und Verbrechen auf ganz eigenständige Weise zu kombinieren. Reginald Hill war einer der letzten Vertreter einer unverwechselbaren britischen literarischen Krimikultur, ein Nachfolger von Dorothy Sayers und G. K. Chesterton auf der Höhe der Zeit.
Hierzulande hat Reginald Hill allerdings nie die Anerkennung gefunden, die er verdient hätte. Fünf Jahre nach seinem Tod ist jetzt der letzte Roman mit Andy Dalziel und Peter Pascoe in deutscher Übersetzung erschienen: "Die letzte Stunde naht". Der englische Originaltitel "Midnight Fugue" trifft die doppelsinnige Konstruktion des Romans genauer: Dramaturgisch ist er gebaut wie eine musikalische Fuge - und eine zentrale Figur, der ehemalige Kriminalpolizist Alex Wolfe, litt unter einer psychischen Erkrankung, die auch als "dissoziative Fugue" bezeichnet wir, einer Art Flucht in ein neues Leben.
Wolfe ist schon seit sieben Jahren verschwunden. Seine Frau will einen anderen hochrangigen Polizisten heiraten und bittet Andy Dalziel inoffiziell um Hilfe. Dalziel ist nach einem Bombenanschlag und der darauf folgenden Reha noch nicht wieder voll einsatzfähig. Da kommt ihm das Hilfeersuchen, zumal die Bittstellerin recht attraktiv ist, gerade recht, um seine erstarkenden Kräfte einem vermeintlich leichten Testlauf zu unterziehen.
Sechzehn Stunden, von 8 Uhr in der Frühe bis Mitternacht dieses ereignisreichen Septembersonntags reichen Dalziel, um sich mehrfach zu irren, etliche Leute in Lebensgefahr zu bringen, seinen Kollegen Pascoe zu täuschen, den Polizeiapparat ins Chaos zu stürzen und einen für völlig unlösbar gehaltenen Fall von Korruption zu lösen. In seinen 22 seit 1970 veröffentlichten Kriminalromanen mit Dalziel und Pascoe hat Reginald Hill das fiktive Mid-Yorkshire, in dem sie spielen, zum imaginären Zentrum des Vereinigten Königreichs gemacht. Hamlet war auf seiner Seite: "Es gibt mehr Dinge im Himmel und auf Erden, als Eure Schulweisheit sich träumt".

Reginald Hill: "Die letzte Stunde naht"
Aus dem Englischen von Karl-Heinz Ebnet
Droemer Verlag, Februar 2017
448 Seiten, 22,99 Euro