Regeln für den Kulturbesuch

Impf-Appelle statt Zwang

09:13 Minuten
Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda steht vor einem Bücherregal
Der Hamburger Kultursenator Carsten Brosda spricht sich dagegen aus, dass Ungeimpfte aus dem Kulturleben ausgeschlossen werden. © picture alliance / dpa / Jonas Klüter
Carsten Brosda im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 11.08.2021
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Sollen nur noch Geimpfte ins Theater dürfen? Dies schlug jedenfalls der Tübinger Theaterintendant Thorsten Weckherlin vor. Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda warnt vor einer Zwei-Klassen-Gesellschaft im Kulturbetrieb. Er plädiert für eine andere Lösung.
Wie geht es angesichts der Coronapandemie in der kommenden Spielzeit an den Bühnen und in den Konzerthäusern weiter? Das beschäftigt Kulturschaffende und Politiker. Denn: Ab dem 11. Oktober wird das Angebot der kostenlosen Bürgertests eingestellt, Ungeimpfte müssen sich auf mehr Testpflichten einstellen. So hat es die Konferenz der Ministerpräsidenten am vergangenen Mittwoch beschlossen.
Wäre eine Impfpflicht für Schauspieler und Publikum für den Herbst eine sinnvolle Lösung? Dies forderte jedenfalls Thorsten Weckherlin, der Intendant des Landestheaters Tübingen.
Dafür gebe es keine Übereinkunft im Bühnenverein, sagt dazu Carsten Brosda. Wenn alle im Theater geimpft sind, falle die Arbeit zwar leichter, so der Hamburger Kultursenator und Präsident des Deutschen Bühnenvereins weiter, doch für eine verpflichtende Impfung fehle der rechtliche Rahmen.

Niemand soll ausgeschlossen werden

Brosda setzt daher eher auf eindringliche Impf-Appelle: Je mehr Menschen geimpft sind, desto schneller komme auch die Kultur aus der Pandemiekrise. In Kombination mit PCR-Tests sieht Burda hier eine geeignete Strategie.
Eine Zweiklassengesellschaft im kulturinteressierten Publikum will Brosda verhindern. Niemand solle ausgeschlossen werden.
Sollte es der Staat den Veranstaltern aber ermöglichen, ihre Häuser besser auszulasten, indem nur noch Genesene und Geimpfte, aber keine Getesteten Zutritt haben? Darüber sollte man zumindest diskutieren, meint Brosda.
Allerdings sei diese Variante ohnehin erst ab Oktober denkbar. Schließlich bestehe die Möglichkeit, ohne Priorisierung einen Impftermin zu erhalten, erst seit wenigen Wochen.
Wer eine Impfpflicht fürs Theater vorschlägt, übersehe zudem all jene, die sich nicht impfen lassen können, sagt Brosda: "Will ich wirklich strukturell Kinder und Jugendliche dann von Kulturrezeption vollständig ausschließen? Das wäre ja die Konsequenz: Unter-Zwölfjährige dürften nicht mehr in ein Theater gehen."
Man müsse auch andere Zugangsmöglichkeiten schaffen, meint Brosda. Auch könnten gezielte Anreize aus der Kultur die Impfbereitschaft erhöhen.

Impfen schützt die Kultur

Mit großem Nachdruck – wie etwa die Kampagne des Berliner Senats – solle weiter für die freiwillige Impfung geworben werden: Geimpfte haben ein niedrigeres Risiko, schwer zu erkranken. Das nehme auch den Druck vom Gesundheitswesen.
Wer sich gegen die Impfung entscheide, sei schlechter geschützt und müsse diese individuelle Entscheidung auch selber tragen, meint Brosda. "Ab dem Moment, ab dem Menschen ein Impfangebot haben, entfällt irgendwann die Begründbarkeit für Beschränkungen. Das ist der Weg zurück in ein unbeschwertes und unbeschränktes Kulturleben."
(mle)
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