Reformationsjubiläum

Es rülpset und furzet und luthert überall

Magneten mit dem Porträt Martin Luthers aus einem Cranach-Gemälde liegen am 25.09.2015 im Lutherhaus in Eisenach (Thüringen) auf einem Tisch.
Magneten mit dem Porträt Martin Luthers © dpa/picture-alliance/Sebastian Kahnert
Achim Landwehr im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 28.12.2016
Nächstes Jahr feiert die Evangelische Kirche Reformationsjubiläum: Vor 500 Jahren schlug Luther seine Thesen an die Kirchentür. Doch schon jetzt gibt es kein Entkommen: Der Reformator ist allgegenwärtig. Der Historiker Achim Landwehr meint: Weniger wäre mehr.
Das ganze nächste Jahr befindet sich die Evangelische Kirche im Ausnahmezustand. Es wird gefeiert ohne Unterlass, denn vor genau 500 Jahren nagelte Luther seine Thesen an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg.

Die Luther-Party hat längst begonnen

Die Party hat allerdings schon längst begonnen. Der Reformator ist inzwischen überall, auch im offiziellen Onlineshop des Reformationsjubiläums. Da gibt es beispielsweise den Babystrampler mit dem Aufdruck "Warum rülpset und furzet ihr nicht?" Begleittext: "Im Sinne des bekannten Luther-Zitats werden sich Eltern das Bäuerchen des Kindes herbeiwünschen."
Toll auch Luther als Playmobil-Figur. Oder die Seifenblasen. Zitat: "Seifenblasen als Spiel und Spaß für Kinder sind zuverlässig seit dem Spätmittelalter belegt" - und damit quasi ein Geburtsprodukt der Reformation, als Mitbringsel zu einer Jubiläumsveranstaltung also bestens geeignet.

Das Jubiläum und sein geldwerter Vorteil

Der Düsseldorfer Historiker Achim Landwehr beobachtet das Jubiläumsjahr, er ist Autor des Blogs "Mein Jahr mit Luther". Im Deutschlandradio Kultur sagte er, bei Jubiläen werde häufig versucht, diese in einen "geldwerten Vorteil" zu verwandeln. Luther macht da keine Ausnahme.
800 farbige Luther-Figuren stehen auf Markplatz von Lutherstadt Wittenberg am Donnerstag, den 12.08.2010. Die Figuren dienen zum einen der Überbrückung der Restaurierungsarbeiten am Luther- und Melanchthondenkmal und als Vorbereitung des 500-jährigen Reformationsjubiläums (2017). Die Installation "Martin Luther: Hier stehe ich..." von Ottmar Hörl wurde vom 14.08.-12.09.2010 auf dem Marktplatz von Wittenberg präsentiert. Zum Abschluss der Kunstaktion wurden die Figuren für 250 Euro verkauft.
Im Sommer 2010 wurden 800 Luther-Figuren auf dem Marktplatz von Wittenberg aufgestellt - ein Vorgeschmack auf das Reformationsjubiläum© dpa/Peter Endig
Tatsächlich störe ihn viel eher die Zuspitzung der Feierlichkeiten auf die Person Martin Luther, sagte Landwehr. Es gehe hier um das Reformationsjubiläum und die Reformation sei ein Prozess gewesen, an denen viele Menschen und Institutionen beteiligt gewesen seien. Derzeit werde ein komplexes Geschehen auf einen Menschen runtergebrochen. Und derart reduziert, so Landwehr, "war's dann doch nicht"..
Auch die Verantwortlichen in der Evangelischen Kirche kommen bei Landwehr nicht gut weg. Diese ritten derzeit auf einem "Luther-Hype", kritisierte er. Bei einem solchen Thema "dürfe man" gern mal "ein bisschen komplexer" werden.

Luther nicht zum Kumpel machen

Luther zu einem Kumpel zu machen, "der von gleich zu gleich spricht", sei falsch, so Landwehr. Der Historiker rät, den "fremden Luther" zu entdecken. Und das könne man beispielsweise tun, indem man Luther einfach lese. Dann sehe man auch, wie kompliziert Luther zum Teil argumentiert habe. Und auch wie inkonsistent.
(ahe)
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