Recycling

Wohin mit dem Elektroschrott?

Mehrere ausgediente Mobiltelefone liegen auf einem Tisch.
Viele Elektromärkte nehmen alte Geräte zurück - bislang aus Kulanz. © imago / SKATA
Von Philip Banse · 20.10.2015
Ob Staubsauger, Toaster oder Waschmaschine - jeder Deutsche produziert im Schnitt 23 Kilo Elektroschrott pro Jahr. Wer das Zeug loswerden will, muss es zum Reyclinghof bringen. Doch es gibt auch andere Wege.
"Testen wir das Ding doch noch mal ... Das klingt nicht gut!"
Unser Verstärker hat den Geist aufgeben. Zehn Jahre lang hat er gute Töne gemacht, jetzt rauscht er nur noch und knackt laut. Ich glaube, unser Verstärker ist kaputt. Jetzt bauen wir den auseinander und versuchen ihn, einem guten Recycling zu überführen.
Hm, was macht man mit einem kaputten Verstärker? Es gibt doch da bald dieses neue Gesetz, das dafür sorgen soll, dass Elektrogeräte nicht auf dem Müll landen, sondern recycelt werden, Verbraucher dürfen bestimmte Elektrogeräte dann einfach bei bestimmten Elektronikgeschäften abgeben. Bundestag und Bundesrat haben das Gesetz verabschiedet, jetzt liegt es beim Bundespräsidenten, erst wenn der es unterschreibt, gilt es. Wann Herr Gauck unterschreibt, kann seine Pressestelle nicht sagen, dieses Jahr noch. Hm. Und nu?
"Sie müssten den auf ihr Fahrrad packen und zum Recyclinghof fahren und dort abgeben und dann wird der auch ordentlich entsorgt."
Marion Jungbluth ist Expertin für die Entsorgung kaputter Verstärker und anderer Elektrogeräte beim Verbraucherzentrale Bundesverband, einer Verbrauchschutzorganisation. Der nächste Recyclinghof ist aber am anderen Ende der Stadt. Hier vor meiner Tür steht doch eine gelbe Tonne. Ich weiß, dass mein Entsorger ganz heiß auf alte Elektrogeräte ist, weil da so viele wertvolle Stoffe drin sind. Warum kann ich meinen Verstärker nicht einfach in die gelbe Tonne werfen?
"Das wäre wünschenswert, weil am einfachsten ist immer am besten. Allerdings haben Elektrogeräte auch eine ganze Menge sensible Stoffe, zum Beispiel die Akkus in Handys, wo dann zum Teil giftige oder gefährliche Stoffe auslaufen können. Das wäre tatsächlich ein zu großes Risiko."
Okay, die Pressesprecherin eines sehr großen Elektronikmarktes schreibt per Mail, ihr Unternehmen würde Elektrogeräte wie meinen Verstärker seit langem einfach zurücknehmen im Laden, man müsste noch nicht mal ein neues Gerät kaufen. Ich habe keine Filiale dieses Unternehmens in der Nähe, aber ein Elektromarkt der Konkurrenz ist in Fahrradweite.
Mit dem Schrott zum Elektromarkt
Also, Verstärker in eine Tüte gepackt, aufs Rad geschnallt und zum nächsten Elektronikmarkt. Die Kassiererin sieht uns und vermutet erst eine Reparatur.
"Ich habe das hier gar nicht gekauft. Es ist kaputt und ich würde es hier gern zum Recycling geben, einfach loswerden."
Sie deutet auf eine weiße Mülltonne hinter der Kasse:
"Und dann recyceln sie das?"
Ja, sagt sie, das ist Sondermüll.
"Und ich muss auch kein neues Gerät kaufen?"
Nee, sagt sie, einfach da abstellen bei der Tonne.
"Okay … Guck mal hier."
Die weiße Mülltonne ist gefüllt bis zum Rand, der Deckel geht nicht mehr zu.
"Toaster, DVD-Player, Espressomaschine ..."
Wir packen unseren Verstärker aus und stellen ihn auf den Stapel Druckerpapier neben die kaputte Espressomaschine. Hm. Das ging dann ja doch überraschend einfach. Aber es hätte halt auch anders kommen können, denn bis das neue Elektrogerätegesetz gilt, nehmen Geschäfte kaputte Verstärker nur freiwillig zurück. Die Dame am Service-Tresen weiß nichts von einem neuen Gesetz.
"Weil Sie das ja auch demnächst zurücknehmen müssen, es gibt ja so ein neues Gesetz …"
Mag sein, sagt sie, davon hat sie aber noch nichts gehört.
"Momentan machen Sie das aus Kulanz, ja? Schmeißen sie das dann weg oder wird das richtig entsorgt beim Recycler?"
Das kommt in eine große Box und eine Firma entsorgt das richtig, sagt sie.
"Ah, okay. Also da muss ich mir keine Sorgen machen, dass das in Ghana auf der Müllkippe landet?"
"Nein, nein."
Auch das neue Gesetz hat seine Tücken
Alles gut also? Nicht wirklich, sagt meine Expertin für alte Elektrogeräte. Denn auch mit dem neuen Gesetz können Verbraucher nicht sicher davon ausgehen, dass sie ihre alle alten Elektrogeräte wirklich bei jedem Elektromarkt loswerden. Garantiert ist die Annahme nämlich nur von Elektrogeräten mit einer maximalen Kantenlänge von 25 Zentimeter und das auch nur bei Elektromärkten, deren Verkaufsfläche mindestens 400 Quadratmeter groß ist. Einfach geht anders:
"Weil er muss sich erstmal mit einem Lineal bewaffnen, um auszurechnen, ob sein Gerät überhaupt die richtigen Maße hat. Und dann muss er noch den Laden vermessen, ob der groß genug ist, dass er halt wirklich auch dieses Elektrogerät zurück nimmt."
Und auch ohne Lineal erkenne ich: Die Kantenlänge meines Verstärkers ist größer als 25 Zentimeter. Das bedeutet, wenn ich ihn in Zukunft korrekt entsorgen will, muss ich zum Recyclinghof fahren oder hoffen, dass mein Elektromarkt kulant ist.
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