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Hilfe verweigert
Tschechien will keine syrischen Flüchtlinge

Tschechien ist für die meisten Flüchtlinge nur eine Zwischenstation auf dem Weg nach Deutschland oder Skandinavien. Nicht einmal 1.000 Menschen suchten 2013 deshalb dauerhaft Schutz vor Gewalt und Vertreibung in dem Land. Doch die tschechische Regierung zeigt syrischen Flüchtlingen die kalte Schulter.

Von Stefan Heinlein | 08.01.2015
    Innenminister Milan Chovanec ist mit sich und der Situation hochzufrieden. Anders als das große Nachbarland Deutschland hat Tschechien bislang keinerlei Probleme mit der Versorgung und Unterbringung einer wachsenden Zahl von Flüchtlingen. Und dies soll auch so bleiben fordert der Sozialdemokrat:
    "Tschechien ist tatsächlich eine Insel. Manche fordern deshalb, wir sollten mehr Flüchtlinge aufnehmen und in unsere Gesellschaft integrieren. Von mir als Innenminister kann man jedoch nicht erwarten, das ich einem ausländischen Massenzustrom applaudiere."
    Zahl der Asylanträge kaum verändert
    Tatsächlich hat sich die Zahl der Asylanträge in Tschechien in den vergangenen Jahren kaum verändert. Anders als etwa Italien, Spanien oder Polen hat das mitteleuropäische Land keine EU-Außengrenze. Tschechien ist zudem für die meisten Flüchtlinge nur eine Zwischenstation auf dem Weg nach Deutschland oder Skandinavien. Nicht einmal 1.000 Menschen suchten 2013 deshalb in Tschechien dauerhaft Schutz vor Gewalt und Vertreibung. Dennoch blockiert die Mitte-Links-Regierung bislang alle Forderungen aus Brüssel zumindest die Syrien-Flüchtlinge gerecht auf alle EU-Länder zu verteilen. Die Asylpolitik müsse in der Hand der nationalen Regierung bleiben, so Ministerpräsident Sobotka:
    "Tschechien unterstützt die verfolgten Menschen direkt vor Ort. Der Aufbau von Flüchtlingslagern in Europa ist keine Lösung der humanitären Krisen in den vom Krieg zerstörten Ländern."
    Auch aus finanziellen Gründen sei sein Land mit der Aufnahme weiterer Flüchtlinge überfordert. Die landesweite Kapazität in den Übergangsheimen sei auf 700 Plätze begrenzt. Regierung und Opposition warnen zudem gemeinsam vor möglichen Bedrohungen durch Flüchtlinge aus islamischen Ländern. Sollten Terroristen und IS-Kämpfer nach Tschechien kommen, sei die innere Sicherheit in Gefahr. Eine gefährliche Argumentation, kritisiert Martin Rozumek, Direktor der Flüchtlingshilfsorganisation OPU:
    "Die tschechischen Politiker wissen, dass ihre Wähler keine Ausländer hier wollen und Angst vor dem Islam haben. Sie machen deshalb eine Politik ganz nach der Meinung der Mehrheitsgesellschaft."
    Der Blick geht nach Dresden
    Die Pegida-Proteste in Dresden würden deshalb in Tschechien mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Die Sorge vor einer Überfremdung werde geteilt. In der Bevölkerung aller post-kommunistischen Länder gebe es eine große Angst vor fremden Kulturen.:
    "Die Situation in der ehemaligen DDR ist sehr ähnlich mit der Stimmung bei uns. Beide Gesellschaften sind sehr homogen. Anders als im Westen gibt es kaum Erfahrungen und Kontakte mit Ausländern. Die ablehnende Haltung gegenüber Flüchtlingen ist deshalb nahezu deckungsgleich."
    Doch die warnende Stimme der Hilfsorganisation vor einer dauerhaften Islam- und Ausländerfeindlichkeit in Tschechien wird in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Nur wenige Politiker sind bereit sich der Mehrheitsmeinung entgegen zu stellen. Auf Dauer jedoch müsse sich auch sein Land den Herausforderungen der veränderten internationalen Situation stellen, so der Regierungsbeauftragte für europäische Angelegenheiten Tomas Prouza:
    "Migration ist ein Thema das wir in Tschechien gerne vermeiden. Wir versuchen es zu verdrängen und machen die Augen zu vor den steigenden Flüchtlingszahlen. Wir müssen aber endlich damit aufhören uns wie eine einsame Insel in Europa zu benehmen."