Rechte Kulturszene

Polnische Intellektuelle an der Seite der neuen Regierung

Polens Premier und PiS-Abgeordnete Beata Szydlo (l.), PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski (m.) und der PiS-Abgeordnete Ryszard Terlecki (r.), während einer Parlamentssitzung
Polens Premier und PiS-Abgeordnete Beata Szydlo (l.), PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski (m.) und der PiS-Abgeordnete Ryszard Terlecki (r.), während einer Parlamentssitzung © picture alliance / dpa / Rafal Guz
Martin Sander im Gespräch mit Frank Meyer · 10.05.2016
Autoren polnischer Literatur mit nationalkonservativer oder rechtspopulistischer Schlagseite firmieren unter dem Label "Die Unbeugsamen". Der etablierte Literaturbetrieb nimmt sie kaum zur Kenntnis. Dennoch üben sie einen beträchtlichen Einfluss aus – und das nicht erst seit dem Machtwechsel 2015.
Ein Kriminalroman im Stil von Raymond Chandler enthüllt die kommunistische Verschwörung, mit der 1989 die sogenannte Dritte polnische Republik aus der Taufe gehoben wurde - ein Staat, dem die derzeit regierenden Nationalkonservativen gerade den Garaus machen. Autobiografische Erinnerungen eines vielfach ausgezeichneten Dichters zeigen in verstörenden Bildern Kinderszenen aus dem besetzten Warschau - eine Anklage gegen die Gewaltkultur der Deutschen. Und ein utopischer Roman beschäftigt sich mit der Frage, wie Polen aussehen würde, wenn es in den 1930er-Jahren zu einem taktischen Bündnis zwischen Hitler und dem polnischen Staatschef Piłsudski gekommen wäre.
Polnische Autoren, die Literatur mit nationalkonservativer, rechtspopulistischer Schlagseite verfassen, firmieren in Polen unter dem Begriff "Die Unbeugsamen". Sie setzen sich schon lange für einen nationalkonservativen Staat ein und damit auch gegen Liberalismus, gegen Geschlechtergleichheit und andere "Auswüchse der Demokratie", wie diese Autoren vielleicht sagen würden.
Diese Strömung wird außerhalb des Landes kaum zur Kenntnis genommen. Auch der etablierte Literaturbetrieb des Landes geht darüber meist hinweg. In den vergangenen zwei Jahrzehnten äußerte sich, wer unter polnischen Künstlern Rang und Namen hatte, meist liberal oder links.

"Die Unbeugsamen" bieten vor allem Spannung

Doch die rechte Kulturszene trotzt dem gegen sie gerichteten Ideologie-Verdacht mit allemal erfolgreichen Autoren und Verlagen. Was sie bieten will und kann, ist vor allem eines: Spannung.
So übt diese Literatur einen beträchtlichen Einfluss auf die polnische Gesellschaft aus – und das nicht erst seit dem politischen Machtwechsel im vergangenen Herbst. Grund genug, in der Lesart einen Blick darauf zu werfen: im Gespräch mit dem Autor, Kritiker und Übersetzer Martin Sander.
Zu den "Unbeugsamen" zähle beispielsweise Marcin Wolski mit seinem Kriminalroman "7:27 do Smolenska" (zu deutsch in etwa: "7:27 Uhr nach Smolensk"), so Sander. Aber auch der in Polen durchaus bekannte Schriftsteller Przemysław Dakowicz oder auch Jarosław Marek Rymkiewicz, der mit zahlreichen polnischen Literaturpreisen ausgezeichnet wurde.
Die polnische Regierung, die seit November 2015 im Amt ist, wird neben kleineren Formationen, die sich ihrer Wahlliste angeschlossen hatten, ausschießlich von der rechtskonservativen Partei "Recht und Gerechtigkeit" ("Prawo i Sprawiedliwość", kurz PiS) getragen.
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