Rechte für Geimpfte

"Das Gemeinwesen muss im Vordergrund stehen"

05:13 Minuten
Eine alte Frau in einem Seniorenheim erhält ihre Impfung.
Erleben ältere geimpfte Menschen bald ein Ende ihrer Einsamkeit? Über Zukunft-Szenarien müsse jetzt gesprochen werden, sagt Andreas Zick. © Picture Alliance / dpa / CTK / Radek Petrasek
Andreas Zick im Gespräch mit Anke Schaefer · 18.01.2021
Audio herunterladen
Wer geimpft ist, muss seine Grundrechte wieder ausüben können: Für diese Aussage hat Bundesaußenminister Maas Widerspruch bekommen. Es gebe hier kein Richtig oder Falsch, sagt Konfliktforscher Andreas Zick und mahnt eine sorgsame Debatte an.
Mit Impfpass ins Kino oder Restaurant: Ein solches Szenario kann sich Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) gut vorstellen. Doch auf seine Forderung, Geimpften ihre Grundrechte – und nicht etwa Privilegien – wiederzugeben, hat er viel Kritik auf sich gezogen. Seine Bemerkungen seien populistisch und spalterisch.
Man könne das aber so sehen wie Maas, meint hingegen der Sozialpsychologe Andreas Zick. Die Diskussion sei zu erwarten gewesen: "Wir haben in den letzten Monaten ja vorgeführt bekommen, dass Verschwörungsgruppen, Hygienedemos diese ganze Grundrechtediskussion praktisch gekapert haben. Insofern verstehe ich, dass Politik das jetzt ernst nimmt."
Konfliktforscher Andreas Zick im Porträt
Konfliktforscher Andreas Zick © imago/photothek/Thomas Imo
Zick sieht allerdings ein "moralisches Dilemma", wie er sagt: "Da gibt es am Ende kein Richtig/Falsch. Wir sollten es auch nicht durch Gerichte entscheiden lassen." Es gehe jetzt darum, "richtig" und "sorgsam" zu diskutieren:
"Wir müssen die richtige Frage stellen: Was sind die Gründe dafür, wenn ältere Menschen dann schneller rauskommen, in Kontakt kommen, der jetzt über Monate fehlt, unter Einsamkeit leiden? Dann ist das möglich."

Szenarien für die Zukunft diskutieren

Auch in den Schwimmerbereich kämen nur Menschen mit einem "Seepferdchen"-Abzeichen, gibt Zick zu bedenken. Es gehe nicht darum, allen anderen die Rechte zu beschneiden, sondern um das Allgemeinwohl: "Das Gemeinwesen muss im Vordergrund stehen und nicht irgendwelche wirtschaftlichen oder auch politischen Interessen in diesen Wahlkampfzeiten."
Zick räumt aber ein, dass es für Regelungen noch zu früh sei, da noch unsicher sei, ob Geimpfte das Virus übertragen können. Über Szenarien für die Zukunft müsse aber geredet werden.
(bth)

Andreas Zick ist Sozialpsychologe und leitet das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) an der Universität Bielefeld. Er forscht zu innergesellschaftlichen Konflikten, Menschenfeindlichkeit und Vorurteilen, Diskriminierung und Gewalt. Mit Anna Klein schrieb er das Buch "Fragile Mitte – Feindselige Zustände" über rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2014.

Mehr zum Thema