Randzonen der bürgerlichen Existenz

Vorgestellt von Anke Leweke · 03.01.2007
In "Verfolgt" geht Bewährungshelferin Elsa mit einem ihrer jugendlichen Klienten ein sadomasochistisches Verhältnis ein und stellt damit ihr bisheriges Leben in Frage. "Princesas" schildert das Leben zweier Huren in Madrid, zwischen denen sich eine Freundschaft entwickelt.
"Verfolgt"
Deutschland 2006. Regie: Angelina Maccarone. Darsteller: Maren Kroymann, Kostja Ullmann, Markus Völlenklee, Moritz Grove, Sila Sahin, Ada Labahn, Stephanie Charlotta Koetz, Sophie Rogall

Mit ganz unaufgeregter Intensität folgt Angelina Maccarone ("Fremde Haut")in ihrem zweiten Film der Bewährungshelferin Elsa (Maren Kroymann), die mit einem ihrer jugendlichen Probanden ein sadomasochistisches Verhältnis eingeht und sich damit einen Rückzugsort für ganz eigene Sehnsüchte schafft. Dabei werden die sexuellen Abhängigkeitsspiele auch zum Vergrößerungsglas für ein Leben, das sich selbst in Frage stellt.

Je mehr sich Elsa auf die Beziehung einlässt, desto unwirklicher erscheint ihre bisherige Biographie, das Dasein im Einfamilienhaus mit Garten und Lebensgefährten, der Job als Bewährungshelferin. Zwar wird ihre Arbeit von allen gewürdigt, doch kann sie sich über das Lob, sie sei der beste Mann in der Behörde, schon lange nicht mehr freuen.

Auch der Zuschauer wird plötzlich hellhörig, bekommt einen Blick für die Mechanismen der Einengung und Beschränkung. Irgendwann beginnt man Elsa zu bewundern, für ihren Mut, einen buchstäblich anderen Raum zu betreten. Manchmal erinnert Maren Kroymann fast an eine Kriegerin, ihr Schritt ist ruhig, ihre Augen scheinen stets auf der Suche. Eine völlig unaufgeregte Kamera und eine bewusst ruhige Montage lassen dieser Frau alle Zeit, die sie braucht, um ein neues Begehren zuzulassen.


"Princesas"
Spanien / Frankreich 2005. Regie: Fernando León de Aranoa. Darsteller: Candela Peña, Micaela Nevárez, Mariana Cordero, Llum Barrera, Violeta Pérez u.a.

Cayes (Candela Pena) bürgerliche Familie ahnt nicht, dass die junge Frau sich ihr Geld als Prostituierte verdient. In einem Frisiersalon in Madrid lästert sie mit ihren Kolleginnen über die billige Konkurrenz aus Lateinamerika, die den Markt unterwandert - wie Zulema (Micaela Nevárez), die illegal aus der Dominikanischen Republik eingeschleust wurde und ihr die Freier wegschnappt. Doch als Caye Zulema von einem Freier verprügelt auffindet, beginnt zwischen den beiden Frauen eine große Freundschaft. Zusammen ziehen sie durch die Strassen Madrids, tanzen die Nacht durch oder träumen bei einer Tasse Kaffee von einem anderen Leben.

Dieser Film zeigt die Frauen nicht bei ihrer Arbeit, vielmehr erzählt er ganz beiläufig von der Härte ihres Berufes. Der müde Blick von Zulema sagt alles über eine anstrengende Nacht auf der Straße. Auch wenn der Regisseur immer ganz nah an den Heldinnen dran ist, werden sie von seiner beweglichen Kamera nicht eingeengt. Vielmehr schafft sie einen Raum, in dem immer noch Platz für die kleinen und großen Sehnsüchte des Lebens bleibt.
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