Putin-Palast im neuen Video von Nawalny

"Immobilienpornos" wecken Schlüssellochgelüste

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Screenshot aus dem Nawalnyvideo welcher den Palast von Putin zeigt
Im Mittelpunkt des neuen Nawalny-Videos steht diese prachtvolle Residenz am Schwarzen Meer, die Russlands Präsident Wladimir Putin gehören soll. © navalny.com
Matthias Dell im Gespräch mit Max Oppel · 20.01.2021
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Das neueste Video des inhaftierten Kremlkritikers Alexej Nawalny sprengt alle Zuschauerrekorde. Es zeigt einen Palast am Meer, der Präsident Putin gehören soll. Der Medienkritiker Matthias Dell analysiert die Machart des investigativen Films.
Wladimir Putins Ferienhaus hat ganz eigene Dimensionen - ein Anwesen am Schwarzen Meer, über eine Milliarde Euro teuer und 39 Mal so groß wie Monaco. Das behauptet zumindest das knapp zweistündige Video, das der russische Oppositionelle Alexej Nawalny produziert hat. Es wurde zwei Tage nach seiner Rückkehr nach Moskau und sofortigen Verhaftung auf Youtube eingestellt. Schon jetzt hat es mehr als 20 Millionen Abrufe.
In diesem Video sieht unser Medienkritiker Matthias Dell einen wichtigen Grund für Nawalnys Rückkehr. "So wie die Behörden geschickt getrickst haben, das Flugzeug so umzuleiten, dass die Anhänger am falschen Flughafen waren, so ist das Video in dem Wissen produziert, dass es eben veröffentlicht werden kann, auch wenn Nawalny abgeschnitten von der Öffentlichkeit im Gefängnis sitzt", sagt er und spricht von einer Spitzen-PR-Kampagne.

"Immobilienpornos" als Machart

Nawalny sei nun bekannter als je zuvor. Deshalb ziehe das Video auch so viele Zuschauer. Der Film habe eine einfache Botschaft: "Ihr normalen, armen, ausgebeuteten Leute, schaut Euch an, in welchem Luxus Putin lebt, die Parallelen zu Monarchen eingerechnet." In Deutschland sei eine vergleichbare Machart von dem TV-Moderator Jan Böhmermann bekannt.

Dabei würden in dem Nawalny-Film die "Schauwerte von Häusern reicher Menschen" sehr bewusst eingesetzt. Dell sieht in Serien wie "Fixer Upper" und "Selling Sunset" oder in Ronaldos legendärem Handyfilm über sein eigenes Haus vergleichbare "Immobilienpornos", die Schlüssellochgelüste bedienen könnten. Bei Nawalny werde das mit investigativ-kritischen Zusammenhängen und Erzählungen grundiert.
Am Ende des Nawalny-Films werde gesagt, dass noch weitere Informationen folgen. "Insofern kann man damit rechnen, dass bestimmt noch etwas nachkommt." Filmisch gesprochen müsse es auch eine Fortsetzung geben.

Zitat der Filmgeschichte

Die interessanteste Szene ist aus Dells Sicht geradezu filmhistorisch: Nawalny betrete den Palast und zeige auf den goldenen Adler am Eingangstor. Den findet er wieder in Sergei Eisensteins "Oktober", wo der Sturm auf das Winterpalais gezeigt wird. Die Geschichte spreche hier mit sich selbst, so Dell.
"Diese Verbindung über zwei Bilder in der Filmgeschichte herzustellen, das ist schon ziemlich toll und zeigt auch die ganze Ungleichzeitigkeit dieser merkwürdigen politischen Entwicklung in Russland."
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