Publizist Michael Wolffsohn

Ein deutsch-jüdischer Patriot

Michael Wolffsohn
Michael Wolffsohn, Publizist und Historiker © Michael Wolffsohn
Michael Wolffsohn im Gespräch mit Klaus Pokatzky · 28.04.2017
Geboren wurde Michael Wolffsohn 1947 in Tel Aviv, aufgewachsen ist er in Deutschland. In den 60er-Jahren ging er freiwillig zurück nach Israel und leistete Militärdienst. 1970 kehrte der Publizist nach Deutschland zurück, in das Land seiner Eltern und Großeltern.
Knapp verpasste Michael Wolffsohn 1967 den Sechstagekrieg, aber er war einer der ersten Besatzungssoldaten auf der palästinensischen Westbank. 1970 kehrte er nach Deutschland zurück, in das Land seiner Eltern und Großeltern, die es nach 1939 verließen und erst in den 50er-Jahren zurückkehrten, weil sie bis 1945 als Juden um ihr Leben fürchten mussten. "Ich habe verstanden, dass ich Deutscher bin", sagt Michael Wolffsohn heute.
Bis 2012 unterrichtete er an der Münchner Hochschule der Bundeswehr Neuere Geschichte und wurde zu einem der diskussionsfreudigsten politischen Publizisten Deutschlands.
Einige seiner Äußerungen haben ihm heftige Kritik eingebracht, so etwa jene über "die Ossifizierung der Bundeswehr", die selbige zu einer "Unterschichtsarmee" gemacht habe.
"Ein viel größerer Anteil Ostdeutscher geht in die Bundeswehr, und das hängt damit zusammen, dass die Wirtschaftsstruktur in Ostdeutschland deutlich hinter der westdeutschen herhinkt, dass also diejenigen, die auf dem zivilen Arbeitsmarkt nicht unterkommen, eher zur Bundeswehr gehen."
Er selbst bezeichnet sich als deutsch-jüdischen Patrioten, was nicht jedem gefällt: Rechtsextreme bedrohen ihn und Linke feinden ihn an.
Nach seiner eigenen Definition ist ein Patriot "im Gegensatz zu einem aggressiven Nationalisten eine Person, die sich für ihr eigenes Gemeinwesen einsetzt, damit es entweder lebenswert wird oder lebenswert bleibt."
Für ein lebenswertes Umfeld setzt sich Wolffsohn in familiärer Tradition mit der "Gartenstadt Atlantic" im Berliner Norden ein:
"Da galt nicht das Prinzip ‚knallharter Geschäftsmann‘ sondern guter, schöner, sonniger, gesunder Wohnraum zu bezahlbaren Preisen. (…)"
Diese Wohnanlage war der jüdischen Familie im Nationalsozialismus weggenommen worden, als Wolffsohns Großvater 1949 zurück nach Deutschland kam um sich sein Eigentum zurückzuholen, war das alles andere als einfach:
"Das ist eine traurige Geschichte. (…) Und das ist Teil, nicht nur der Familiengeschichte, sondern der Gesamtgeschichte. Wir, Familie Wolffsohn, hatten nur einen Bruchteil dessen zurückbekommen, was uns geraubt worden ist. (…). Zwei der vier "Arier" gaben ihre Aktienpakete der Gartenstadt Atlantic (…) freiwillig zurück, gegen die beiden anderen musste prozessiert werden. Und dieser Prozess dauerte genau von 1949 bis 1962."
Inzwischen hat sich Wolffsohn selber mit seinem eigenen Geld erfolgreich für einen Erhalt der Gartenstadt eingesetzt.
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