Psychologe über den Rechtsruck

"Autoritarismus wird in der Kindheit angelegt"

09:13 Minuten
Anhänger der rechten Szene stehen am 28.10.2017 auf dem Gelände des Rechtsrock-Konzertes in Themar (Thüringen).
Wer hat die Macht? Wer ist ohnmächtig? Diese Themen seien bereits in der Kindheit wichtig, erklärt Herbert Renz-Polster die Neigung zum Autoritarismus. © dpa/picture alliance
Herbert Renz-Polster im Gespräch mit Dieter Kassel · 25.03.2019
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Was beschert rechtsgerichteten Parteien und Bewegungen Zulauf: Abstiegsängste, Furcht vor Globalisierung, Unzufriedenheit mit den Regierenden? Der Kinderarzt Herbert Renz-Polster sieht den entscheidenden Faktor in der Erziehung der Kinder.
Nach Beobachtung des Kinderarztes und Psychologen Herbert Renz-Polster ist es auffällig, dass manche Menschen stark auf soziale Dominanz angelegt seien und andere wiederum sich eher unterordnen würden. Der Autor des Buches "Erziehung prägt Gesinnung" sagte im Deutschlandfunk Kultur, es gehe schon in frühester Kindheit um Fragen wie: Wer macht die Ansagen? Wer ist ohnmächtig?
"Wenn wir durchs Fenster schauen und den Rechtsruck uns anschauen, dann geht es um genau diese Themen."

Neigung von Menschen, sich in Hierarchien einzufügen

Renz-Polster definiert Autoritarismus als "Neigung von Menschen, sich in Hierarchien einzufügen und auch sich nach strikten Normen zu verhalten". Für den Rechtsruck spielten Abstiegs- und Globalisierungsängste durchaus eine Rolle. Aber: "All dieses wirkt nur auf der Grundlage von bereits bestehenden Verletzlichkeiten." Manche Menschen würden mit dem Wandel gut klarkommen, auch wenn sie Globalisierungsverlierer seien. "Aber heißt das, dass ich deswegen Rassist werden muss, dass ich Homosexuelle schlecht finde? Selbst wenn ich verunsichert bin in meiner sozialen Stellung - die Haltungen, die dann nach oben gespült werden, die haben einen tieferen Grund, und der wird für mich in der Kindheit angelegt."
"Langfristig werden wir das Gespenst des Autoritarismus nicht los, wenn wir nicht darüber nachdenken, wie wir mit den Kindern umgehen", so Renz-Polster weiter. Es gehe darum, Eltern gute Bedingungen zu schaffen und Kindern in Schulen Anerkennung zu geben, damit ihre Persönlichkeit wachsen könne.
(bth)
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