Psychologe plädiert für "Grundgefühl von Zugehörigkeit" an Schulen

Moderation: Liane von Billerbeck · 21.11.2006
Der Psychologe Reinhard Kahl hat im Zusammenhang mit dem Schulamoklauf von Emsdetten eine Kleinmacherei von Schülern in Deutschland beklagt. Viele bekämen die Botschaft, "auf Dich haben wir gerade noch gewartet", sagte er. Dieses Misantrophische sei ein "Gift im mentalen Gesellschaftskörper", das unabhängig von den jeweiligen Besonderheiten im Einzelfall an solchen Taten einen Anteil habe.
"Wir haben in Deutschland zehn Prozent eines Jahrgangs ohne Schulabschluss. Da sind wir Weltmeister", sagte Kahl. Dadurch würden viele randständige Biografien mitproduziert. Die Tendenz andere herunterzumachen, sei eine "wirkliche deutsche Erbsünde". An Stelle dessen müsse ein "Grundgefühl von Zugehörigkeit" gefördert werden, wie es an einigen guten Schulen gemacht werde.

Der Filmemacher Andres Veiel sprach sich gegen ein Verbot von Computerspielen als Konsequenz aus der Tat aus. Verbote brächten erst einmal nichts, "wenn man nicht an die tieferen Ursachen geht", sagte Veiel, der sich im Film und Theaterstück "Kick" mit Gewalt unter Jugendlichen befasst hat.

Zugleich warnte er davor, in einer gesellschaftskritischen Debatte "aus den Tätern Opfer zu machen". "Ich möchte so viel wie möglich bei so einer Tat verstehen, was nicht bedeutet, dann Verständnis aufzubringen und alles zu entschuldigen", sagte Veiel. Von seiner Verantwortung könne er den Täter nicht freisprechen.

Das Doppelinterview mit Reinhard Kahl und Andres Veiel können Sie für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-demand-Angebot nachhören.