Psychische Belastungen

Wie Kinder unter den Folgen der Flut leiden

06:26 Minuten
Spielzeug liegt im Müll, der durch die Flut angespült wurde.
Allein mit der Katastrophe: Es ist schwer für Erwachsene, mit den Folgen des Hochwassers klar zu kommen, für Kinder sorgen die Ängste für schwere psychische Probleme. © Imago / Ying Tang
Brigitte Pollitt im Gespräch mit Thomas Jaedicke · 01.08.2021
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Für Kinder und Jugendliche sorgen die Zerstörungen in den Überschwemmungsgebieten für große psychische Belastungen. Vermehrt seien "Ängste, Depressionen und Ächtungen" zu beobachten. Hier brauche es neue Wege für Behandlung und Betreuung, so die Medizinerin Brigitte Pollitt.
In den vom Hochwasser betroffenen Regionen Deutschlands sorgen die Flut und deren Folgen vor allem bei Kindern und Jugendlichen für erhebliche Belastungen. Wegen der Coronapandemie seien für Heranwachsende viele Dinge weggefallen, sodass in letzter Zeit - bereits ohne die Katastrophe - vermehrt Ängste, Depressionen und Ächtungen aufgetreten seien, sagt die Kinder- und Jugendpsychologin Brigitte Pollitt. "Durch die Naturkatastrophe kommen die Widerstandskräfte vieler Kinder an den Rand."
Bereits bei der Beobachtung spielender Kinder in der Region könne man dies erkennen, beispielsweise wenn sie beim Häuserbauen die Autos in die oberen Stockwerke schieben, sagt die Medizinerin: "Oder sie reagieren panisch in der Kindertagesstätte, etwa wenn es regnet."

Akutversorgung ist ein großes Problem

Zu beobachten seien nun erst einmal die aktuellen Reaktionen; die möglichen langfristigen Folgen müsse man abwarten. Nach Einschätzung Pollitts sei derzeit die Akutversorgung ein großes Problem, denn die sei aufgrund der Zerstörungen weggebrochen. Eine ambulante Versorgung müsse erst aufgebaut werden. "Doch selbst nach dem Aufbau solch einer neuen Versorgungsinfrastruktur besteht das Problem, dass die Kinder aufgrund der zerstörten Straßen und Brücken nicht an die Orte der Praxis kommen."
Pollitt appelliert an Betroffene und deren Verwandte und Freunde, die Notfallnummern der Kreisverwaltungen, Hilfeeinrichtungen und des Landes zu nutzen, um an Informationen über Wege zu Betreuung und Hilfe zu gelangen.

Hilfsangebote über das Netz

"Insbesondere, wenn Todeswünsche auftreten, was in der dieser Verzweiflung bei manchem Erwachsenen zu sehen ist und bei Kindern und Jugendlichen auch im Blick behalten werden muss", so Pollitt. "Da muss rasch reagiert und Hilfe angeboten werden."
Weil aber durch die Zerstörungen allein schon Untersuchungen, aber auch Behandlung und Betreuung verhindert oder erschwert sind, arbeiten Behörden und medizinische Einrichtungen am Aufbau von neuen Möglichkeiten, etwa Tutorials und Anleitungen, die über das Internet zu finden sein sollen.
(sru)
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