Prozessauftakt in München

Ex-Musikprofessor bestreitet Vergewaltigungsvorwürfe

06:43 Minuten
Hans-Jürgen von Bose, Komponist und ehemaliger Hochschul-Professor der Münchner Musikhochschule, steht am 13.11.2020 vor Prozessbeginn wegen Vergewaltigung im Landgericht München
Sollte der Angeklagte Hans-Jürgen von Bose wegen der Vergewaltigungsvorwürfe verurteilt werden, drohen ihm mindestens zwei Jahre Haft. © dpa / picutre alliance / Sven Hoppe
Tobias Krone im Gespräch mit Britta Bürger · 13.11.2020
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Ein Ex-Professor der Münchner Musikhochschule steht seit Donnerstag vor Gericht: Hans-Jürgen von Bose soll die Schwester eines Studenten vergewaltigt haben. Der Prozess könnte zeigen, ob Machtmissbrauch an der Hochschule System hatte.
In München hat der Prozess gegen den ehemaligen Professor der Münchner Musikhochschule Hans-Jürgen von Bose begonnen: Ihm wird vorgeworfen, vor rund 14 Jahren seine damalige Freundin, die Schwester eines seiner Studenten, dreimal vergewaltigt zu haben. Tobias Krone, unser Landeskorrespondent in Bayern, hat den Prozessauftakt am Donnerstag in München miterlebt.

Schwere Vorwürfe

Die Klägerin, die aussagt, während ihrer Beziehung zu von Bose mehrfach von ihm vergewaltigt worden zu sein, war damals Anfang 20. "Meistens habe Hans-Jürgen von Bose davor Kokain genommen", berichtet Krone über die Anklage. Einmal solle von Bose die Klägerin auch genötigt haben, mit einem anderen Mann zu schlafen. Er solle ihr außerdem Drogen verabreicht und mit einer Schreckschusspistole gedroht haben.
Ein weiteres Druckmittel sei von Boses Position als Professor gewesen, so die Anklage: Er habe gedroht, die Karriere des Bruders der Kläger zu ruinieren, der damals Student in der Kompositionsklasse bei von Bose war.
Von Bose selbst habe über seine Anwälte erklärt, dass er überrascht und geschockt über die Vorwürfe sei, sagt Krone. Er habe das Verhältnis als innige Liebesbeziehung empfunden – ohne Hörigkeit auf Seiten der Klägerin. Kokain habe er gegen sein "Erwachsenen-ADHS" eingesetzt. Durchaus habe er einen speziellen sexuellen Geschmack und sei auch manchmal aufbrausend – aber nur verbal.

Wenig Distanz zu Studierenden

Die Vorkommnisse seien eher am Rande von von Boses Professorentätigkeit an der Musikhochschule München angesiedelt gewesen, sagt Krone. "Aber trotzdem spielt ja seine Machtposition da eine ganz wichtige Rolle. Und mit der muss ja gerade eine lehrende Person verantwortungsvoll umgehen." Dass er auch gegenüber Studierenden nur wenig Distanz gewahrt habe, habe von Bose damit erklärt, das Musik "etwas Intimes" sei.
Zwischen 2012 bis 2015 hatte er dann auch noch die Erlaubnis, Studierende zu Hause bei sich zu unterrichten – obwohl der damalige Präsident Siegfried Mauser selbst zugegeben habe, von Bose sei von Sex besessen gewesen, so Krone:
"Von diesem Präsidenten Mauser wissen wir ja heute: Er hat selbst Grenzen massiv überschritten und ist inzwischen als Straftäter verurteilt." Möglicherweise hätten sich damals tatsächlich Professoren beim Machtmissbrauch gegenseitig gedeckt und diese Methoden dann auch geduldet oder verharmlost. "Eine Spiegel-Umfrage hat auf jeden Fall ergeben, dass noch bis in jüngerer Zeit hinein eine Kultur des Sexismus an der Tagesordnung war."

"Null-Toleranz-Politik" an der Musikhochschule

Die neue Leitung der Hochschule habe einen radikalen Umbruch angestoßen, sagt Krone: "Es gibt Aktionstage gegen Sexismus mit Empowerment-Seminaren für Studierende. Es gibt neue Regularien, zum Beispiel das so wichtige Verbot von Musikunterricht in privaten Räumen." An der Musikhochschule München herrsche mittlerweile eine "Null-Toleranz-Politik" gegenüber Übergriffen und Machtmissbrauch, so Krone: "Ich habe mich auch auf den letzten Aktionstagen persönlich davon überzeugen können, dass es denen schon wirklich sehr, sehr ernst ist."
Der Prozess sei bisher auf sieben Tage angesetzt. Falls das Gericht Hans-Jürgen von Bose schuldig sprechen sollte, drohten ihm mindestens zwei Jahre Gefängnis und der Verlust seiner Pensionsansprüche als Professor.
(mle)
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