Provokative Performance von Majida Khattari

Ein Schock für alle Kunstsammler

Besucher auf der Internationalen Messe für Zeitgenössische Kunst (Fiac) im Pariser Grand Palais.
Auf der internationalen Kunstmesse Fiac wirkte die Performance von Majida Khattari verstörend. Und das sollte sie auch. © picture alliance / dpa / Yoan Valat
Von Martina Zimmermann · 21.10.2015
Derzeit findet in Paris die FIAC statt, eine der größten Messen für zeitgenössische Kunst. Zur Eröffnung hat sich die marokkanische Künstlerin Majida Khattari eine verstörende Performance ausgedacht.
Sechs Gestalten in Schwarz steigen aus drei Limousinen. Drei tragen einen Vollschleier, der nur Augenschlitze frei lässt, beim Aussteigen zeigen sie aber ihre schicken Stiefelchen unter dem Niqab. Die anderen Frauen zeigen ihr Gesicht hinter Sonnenbrillen, ihre Lippen sind rot geschminkt.
Gemeinsam stellen sie sich vor das Grand Palais, in dem die moderne Kunstmesse stattfindet. Verantwortlich für das ungewöhnliche Casting ist die marokkanische Künstlerin Majida Khattari. Für sie ist die Pariser Fiac–Messe das "Mekka der Kunst". Ihre Botschaft:
"Die Idee, dass Frauen aus Saudi-Arabien und Katar auf die Messe zum Shoppen kommen, stört. Ihre Taschen habe ich eigens für diese Performance kreiert: Sie heißen Killy, anders als bei den berühmten (Hermès-)Taschen von Grace Kelly ist bei diesen das Wort 'töten' drin, und auf den Taschen sind Bilder vom Krieg, vom Ölkurs, von Flüchtlingen und von Geld."
Passanten bleiben stehen und fotografieren, Kunstmessebesucher erraten, dass es sich um eine Performance handelt:
"Es ist gut, dass sie diese Scheinheiligkeit denunzieren", sagt ein junger Galerist.
"Man lässt diese Leute bei uns ihr Geld ausgeben aber man sagt nichts, wenn sie Homosexuelle auspeitschen oder Frauen enthaupten, die vergewaltigt wurden."
Die Models bei der Aktion auf der Fiac in Paris.
Die Models bei der Aktion auf der Fiac in Paris.© Martina Zimmermann / ARD Paris
Ein Model mit einem Schleier, der das Gesicht ganz frei lässt, wird letztendlich eingelassen. Ganz in Schwarz und auf High Heels schlendert das Mannequin durch die Stände mit zeitgenössischer und moderner Kunst, vorbei an Marilyns von Andy Warhol und äthiopischen Porträtfotos von Jean-Baptiste Huynh oder einer Videoperformance von Hector Zamora. Auch die Messebesucher schauen irritiert angesichts der schwarzen Gestalten.
Fiac-Direktorin sorgt sich um saudische Käufer
"Leider wurde ich erst gestern von dieser Performance informiert", bedauert Jennifer Flay. Die Direktorin der Fiac ist stolz darauf, die Kunstmesse seit 2004 zu einem internationalen Ereignis gemacht zu haben, mit 75 Prozent ausländischen Galerien und hochrangigen Besuchern auch aus den Golfstaaten. Sie verweist auf den Anti-Terror-Plan und das Burkaverbot, meint, die ungenehmigte Performance könnte Sicherheitskräfte und Besucher stören:
"Derzeit befinden sich Sammler aus Saudi-Arabien und den Golfstaaten im Grand Palais. Wenn eine solche Performance abläuft, ohne dass sie Informationen darüber haben, dann möchte ich nicht, dass sie denken, dass man sich über sie lustig macht oder sie kritisiert."
Marokko ist freier
Die falschen Saudi-Araberinnen müssen die Messe verlassen. Majida Khattari betrachtet ihre Performance dennoch als Erfolg, weil viele Menschen darauf reagiert haben.
"Ich bin in Frankreich, weil hier Meinungsfreiheit herrscht. Aber ... wenn ich eine Arbeit über die Religion oder die Frage des Schleiers machen will, kann ich das heute in Marokko ohne Zensur machen. Hier in Frankreich darf man nichts mehr sagen, und das ist gefährlich für ganz Europa!"
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