"Progetto Martha Argerich" in Lugano

28.07.2013
Wenn Martha Argerich einlädt, sagt niemand nein. Bereits zum 12. Mal findet ihr kleines feines Musik-Festival in Lugano statt. Dies ist eine der seltenen Gelegenheiten, die Pianistin im kammermusikalischen Zusammenspiel mit alten und neuen Freunden zu erleben.
Für das Konzert am 1. Juli hatten Martha Argerich und Sergej Babayan sich etwas ganz Besonderes vorgenommen. Von Prokofjews dreiaktigem Ballett "Romeo und Julia" existieren unzählige Fassungen, bekannt sind vor allem die verschiedenen Ballettsuiten für Orchester, die ausgewählte Szenen des Dramas in lockerer Folge präsentieren. Auch Fassungen für Klavier gibt es bereits. Eine Fassung für zwei Klaviere stand bisher noch aus. Der armenisch-amerikanische Pianist Sergej Babayan hat sie nun angefertigt und wird sie an diesem Abend gemeinsam mit Martha Argerich uraufführen.

Eine Rarität ist auch die Violinsonate in h-Moll (1916/17) von Ottorino Respighi. Er gehört zu den wenigen italienischen Komponisten, die sich neben der Oper auch der Instrumentalmusik verschrieben haben. Als Bratscher arbeitete Respighi um die Jahrhundertwende an der Oper in St. Petersburg, lernte Rimskij-Korsakow kennen und bewunderte dessen Instrumentationskunst. Seine farbig schillernden Orchesterwerke "Pinien von Rom" und "Brunnen von Rom" bezeugen dies. Mit seiner Kammermusik hatte Respighi allerdings weniger Erfolg. Viele seiner Kompositionen warten noch auf ihre Entdeckung. Die Violinsonate in h-Moll ist ein lohnendes Beispiel für einen solchen verborgenen Schatz. Renaud Capuçon, Violine, und Francesco Piemontesi, Klavier, heben vor allem die elegischen Seiten der Sonate hervor.

Verhaltene Düsternis herrscht im nächsten Werk vor. Als Schostakowitsch im Februar 1944 sein zweites Klaviertrio in e-Moll komponierte, trauerte er um einen engen, überraschend verstorbenen Freund, den Musik- und Literaturwissenschaftler Ivan Sollertinski. Die Trauer über den Verlust verband sich hier mit der verzweifelten Stimmung der Kriegszeit, die bereits in der zuvor entstandenen achten Sinfonie angeklungen war. Das Liedthema im Finalsatz des Trios ist auch als Totenklage um die unter Hitler und Stalin deportierten jüdischen Menschen interpretiert worden. Im achten Streichquartett von 1960 taucht es wieder auf. Dort weist Schostakowitsch in seiner Widmung explizit auf diesen Zusammenhang hin.

Seine zweite Sonate für Violoncello F-Dur op. 99 (1886) hat Johannes Brahms dem befreundeten Cellisten Robert Hausmann gewidmet, der kurze Zeit später auch gemeinsam mit Joseph Joachim sein Doppelkonzert uraufführen sollte. Brahms schätzte Hausmann besonders für seinen edlen klaren Ton und seine geradlinigen Interpretationen, beispielsweise der Solo-Cellosuiten von J. S. Bach.


"Progetto Martha Argerich"
Auditorium Radio Svizzera Italiana, Lugano
Aufzeichnung vom 01.07.2013

Sergej Prokofjew
Romeo und Julia, Ballettsuite
Fassung für zwei Klaviere von Sergej Babayan

Sergej Babayan, Klavier
Martha Argerich, Klavier

Ottorino Respighi
Sonate für Violine und Klavier h-Moll

Renaud Capuçon, Violine
Francesco Piemontesi, Klavier

ca. 21:10 Uhr Konzertpause mit Nachrichten

Dmitrij Schostakowitsch
Klaviertrio Nr. 2 e-Moll op. 67

Lily Maisky, Klavier
Sasha Maisky, Violine
Mischa Maisky, Violoncello

Johannes Brahms
Sonate für Violoncello und Klavier Nr. 2 F-Dur op. 99

Gautier Capuçon, Violoncello
Nicholas Angelich, Klavier