Prekäre Beschäftigung

Fernsehkommissare klagen vor Bundesarbeitsgericht

Heinrich Schafmeister im Gespräch mit Timo Grampes · 30.08.2017
Jahrelang standen sie als Kommissare in der TV-Serie "Der Alte" vor der Kamera, 2015 wurden sie rausgeworfen. Dagegen haben die Schauspieler Pierre Sanoussi-Bliss und Martin Böttcher geklagt. Ihr Fall sei typisch für die Branche.
Sie standen jahrelang als Fernsehkommissare vor der Kamera, doch anders als ihre echten Kollegen bei der Polizei genießen Schauspieler keinen Kündigungsschutz. Gegen ihren Rauswurf bei der ZDF-Serie "Der Alte" hatten die Schauspieler Pierre Sanoussi-Bliss und Martin Böttcher geklagt. Ihr Fall landete vorm Bundesarbeitsgericht in Erfurt.
Pierre Sanoussi-Bliss war seit 1997 als Fernsehkommissar in der Serie "Der Alte" zu sehen. Markus Böttcher sogar schon seit 1986. 2015 wollte die Produktionsfirma die Besetzung verändern, deshalb war für die beiden Schauspieler Schluss. Gegen ihren Rauswurf klagten die beiden vorm Arbeitsgericht München, die Richter dort gaben den Fall an das Bundesarbeitsgericht in Erfurt weiter.
Beide Schauspieler hatten immer befristete Verträge für einzelne Serienfolgen. Bei Markus Böttcher sollen das 248 befristete Verträge in 28 Jahren gewesen sein.

Echte Polizisten hatten Kündigungsschutz

Im Gegensatz zu echten Polizisten hatten die beiden Fernsehkommissare keinen Kündigungsschutz. Diese Unsicherheit in Kombination mit permanenten befristeten Verträgen sei typisch für die Schauspielbranche, klagt Heinrich Schafmeister vom Bundesverband Schauspiel:
"Wir sind ja nicht Schauspieler geworden, um Beamte zu werden, das ist völlig klar, aber es ist schon ein Missstand. Durch diese ständigen Lücken zwischendurch droht ihnen das, was übrigens für alle Schauspieler gilt: dass sie immer Sozialversicherungslücken haben und deshalb sind sehr, sehr viele in Altersarmut, selbst dann, wenn man sie als Stars kennt."
Diese prekären Verhältnisse würden sich allmählich auch auf andere Berufsgruppen ausdehne, so Schafmeister weiter:
"Also in unserem Beruf arbeitet man immer nur befristet. Das galt für Schauspieler schon immer, aber jetzt demnächst bzw. ist ja jetzt schon der Fall, viele Wissenschaftler, viele Lehrer, die auch nur befristet arbeiten, und für die gilt alle das Gleiche, dass sie letztendlich in ein soziales System zwar einzahlen müssen als Versicherungspflichtige, aber letztlich reicht dieser Schutz nicht, da kommt nichts bei rum bei diesen Beschäftigungslücken."
Der Schauspieler Heinrich Schafmeister
Der Schauspieler Heinrich Schafmeister © picture alliance / dpa / Tobias Hase
Schafmeister meint, man müsse sozialversicherungsrechtlich anders mit Beschäftigten umgehen, die immer nur befristet arbeiten und entsprechende Gesetzesänderungen vornehmen.
"Die Politik muss für kurz befristet Beschäftigte, so nennt man das in der Fachsprache, die Sozialversicherungspflicht verstetigen. Das heißt, die Zeit der Sozialversicherungspflicht muss einfach verstetigt werden, muss länger werden. Wenn ich ne SOKO spiele, dann ist das vielleicht ne Woche, wenn ich ne Episoden-Hauptrolle in der SOKO habe, dann ist das höchstens eine Woche Versicherungszeit, da müsste schon der ganze Kalendermonat versicherungspflichtig sein. Entsprechend mehr würde ich auch einzahlen."

Info: Direkt nach der Ausstrahlung des Interviews fiel die Entscheidung im Bundesarbeitsgericht Erfurt. Demnach sind Befristungen von Schauspielern auch über einen so langen Zeitraum zulässig. Die Schauspieler Pierre Sanoussi-Bliss und Markus Böttcher sind somit vor dem Bundesarbeitsgericht mit ihren Klagen gegen den Rauswurf aus der ZDF-Serie "Der Alte" gescheitert.

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