Praxistest

Warum die Kaufprämie für Elektroautos floppt

"Ich fahre mit Strom" steht an einem elektrisch angetriebenen Opel Ampera in Halle
"Ich fahre mit Strom" steht an einem elektrisch angetriebenen Opel Ampera in Halle © picture-alliance / dpa / Jan Woitas
Von Uschi Götz · 13.09.2016
Seit 100 Tagen fährt unsere Stuttgarter Landeskorrespondentin Uschi Götz ein kleines Elektroauto, das sie noch vor Einführung der Umweltprämie zum 1. Juli bestellt hatte. Ihre Bilanz ist ernüchternd.
Noch steht das kleine weiße Auto im Verkaufsraum eines großen Autohändlers in Stuttgart. Die künftigen Besitzer, ein Paar mittleren Alters, lassen sich gerade einweisen:
Die beiden gehören jetzt zu einem Kreis von bundesweit etwa 30.000 Elektroautobesitzer.
Mit der Kaufprämie plus einer zusätzlichen Prämie des Autobauers bezahlen die beiden 14.000 Euro netto - sowie eine monatliche Batteriemiete von mindestens 49 Euro. Ist die von der Regierung zur Verfügung gestellte Umweltprämie von 4000 Euro kaufentscheidend?
"Nein, überhaupt nicht. Eher das Interesse an der Technologie, das einfach einmal auszuprobieren, weil mittlerweile auch die Reichweiten besser geworden sind bei den Fahrzeugen. Nicht zu vergleichen mit so Prämienmarken wie Tesla. Einfach einmal so ein Selbstversuch, inwiefern sich so ein Auto bewährt im Alltag."

Theoretische Reichweite: 240 Kilometer

Den Alltagstest macht das Paar mit einem Renault Zoe. Unter den Elektrofahrzeugen im Kleinwagenbereich zurzeit eines der beliebtesten Fahrzeuge. Die theoretische Reichweite des Autos: 240 Kilometer.
Theoretisch. Seit 100 Tagen fahre ich selbst einen Renault Zoe, ein 100-prozentiges Elektrofahrzeug. 240 Kilometer habe ich trotz sparsamster Fahrweise, günstigen Wetterbedingungen, wenigen Hügeln noch nie geschafft.
Eine entsprechende App auf meinem Smartphone und das bordeigene Kommunikationssystem im Auto sorgen für das Lademanagement. Die App zeigt, wo die nächste freie Stromtankstelle ist, das System im Auto rechnet aus, ob sich mein Fahrziel mit der Batterieladung erreiche. Falls nicht, bekomme ich Ladestationen auf meiner Strecke angezeigt.
Ich bin noch nie stehen geblieben. Allerdings fahre ich das Elektroauto nur im Großraum Stuttgart: Stuttgart hat im bundesvergleich unter den Großstädten mit knapp 400 Stromtankstellen das dichteste Netz.
Die Landeshauptstadt hält aber auch einen anderen Rekord, einen traurigen. Nirgendwo in Deutschland werden sind die Werte für Stickstoffdioxid und Feinstaub so hoch wie in der Neckarstadt. Die gesetzlichen Limits werden regelmäßig überschritten.

Auf städtischen Plätzen kostenlos parken

Stuttgart gilt als die Feinstaub-Hochburg Deutschlands. Und so werden u.a. alle Fahrer von Elektroautos und Teil-Hybriden belohnt. Auf allen städtischen Parkplätzen parken wir Fahrer von Elektroautos kostenlos:
Keine Parkgebühren, eine Kaufprämie von 4000 Euro, im Fall Zoe noch einen Bonus von 5000 Euro von Renault – und kostenlos ein gutes Gewissen - doch alles reicht nicht aus. Hendrik Handke Verkaufsleiter im Stuttgarter Autohaus und selbst begeistertster Elektronaut, wie er Fahrer von batteriebetriebenen Fahrzeugen nennt, kann keinen Boom erkennen:
"Ich denke schon dass wir dieses Jahr so 150 bis 200 Fahrzeuge auf den Markt bringen können. Wir als einzelner Händler, da kommen natürlich unsere Kollegen auch noch dazu."
Noch immer ist es die vergleichsweise geringe Reichweite, die potentielle Umsteiger vom Kauf eines Elektroautos abhält.

Zu wenige Stromtankstellen

"Wenn jemand zu mir sagt, ich verdiene mein Geld im Außendienst, dann muss ich ihm sagen, für Dich ist die Elektromobilität mit Ausnahme vielleicht eines Spitzenprodukts nichts."
Es gibt noch zu wenige Stromtankstellen und einige bestehende Ladestationen funktionieren mitunter schon nicht mehr.
Und es gibt ein weiteres Ärgernis: Häufig werden Ladeplätze von Nicht-Elektroautos blockiert, obwohl die Tankstelle in der App mit grün markiert, also frei ist, was für den Fahrer eines Elektroautos das Ende seines gesamten Tagesplanes bedeuten kann.
Fazit nach 100 Tagen E-Auto Praxis: Das gute Gefühl emissionsfrei in der Stadt unterwegs zu sein ist nicht verschwunden. Was aber fehlt ist eine gute Infrastruktur und deshalb wohl auch die Nachahmer.
Mehr zum Thema