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Merkel bei Putin
Kaum Bewegung in den deutsch-russischen Beziehungen

Bundeskanzlerin Angela Merkel wird in Putins Residenz in Sotschi erwartet: Seit ihrem letzten Besuch hat sich bei strittigen Themen wie Ostukraine, Krim, Syrien und Sanktionen sowie Gegensanktionen nichts Substanzielles geändert. Beim Iran-Atom-Abkommen könnten sie zu Verbündeten werden.

Von Thielko Grieß | 18.05.2018
    Russlands Präsident Wladimir Putin bei der Zeremonie, während der er zum vierten Mal den Amtseid abgelegt hat.
    Russlands Präsident Wladimir Putin bei der Zeremonie, während der er zum vierten Mal den Amtseid abgelegt hat. (AFP / Alexander ASTAFYEV/ SPUTNIK)
    Die Öffentlichkeit hat erst davon erfahren, als die Gespräche schon beendet waren: Gestern Abend liefen über die russischen Fernsehschirme Bilder, auf denen Präsident Putin in seiner Residenz in Sotschi den syrischen Präsidenten Assad empfing.
    Beide versicherten einander gegenseitige Unterstützung im, wie es in der Diktion Moskaus und Damaskus' heißt, Kampf gegen den Terrorismus. Assad dankte für Militäreinsatz, humanitäre Hilfe und Investments der Russen. Man wolle sich nun auf den Prozess der Ausarbeitung einer Verfassung konzentrieren – was allerdings schon häufiger festgestellt worden war. Das Staatsfernsehen zeigte gleich nach den Eingangsworten vor dem Treffen die abschließenden Worte nach dem Treffen. Wieder zwei Sessel vor zwei Fahnen, links der Syrer, rechts der Russe. Wladimir Putin mit seiner letzten, verschlungenen Bemerkung, deren Gehalt noch zu vermessen sein wird:
    "Wir gehen davon aus, dass vor dem Hintergrund des bedeutenden Sieges und Erfolgs der syrischen Armee im Kampf gegen den Terrorismus nun zu Beginn des politischen Prozesses und dessen aktiverer Phase ausländische Streitkräfte das Territorium der Syrischen Arabischen Republik verlassen werden."
    Keine substanziellen Veränderungen
    In Syrien halten sich insbesondere iranische Truppen auf, daneben Söldnertruppen, darunter auch russische sowie im östlichen Teil auch amerikanische Einheiten. Möglicherweise hat Putin nun angekündigt, dass nach dem Willen Moskaus iranische Truppen auf syrischem Boden keine Zukunft haben. Eine genaue Interpretation des Kremls wurde bislang allerdings nicht mitgeliefert.
    In der Residenz, wo gestern noch Baschar Assad saß, wird heute die deutsche Kanzlerin erwartet. Sie war zuletzt Anfang Mai 2017 dort. Seitdem hat sich an den Konflikten und Themen wie Ostukraine, Krim, Syrien und Sanktionen sowie Gegensanktionen nichts Substanzielles geändert. Eher sind, wie etwa im Fall Syriens, noch weitere Ebenen hinzu gekommen: Westliche Alliierte haben das Land angegriffen, allerdings keine Folgestrategie präsentiert. Die USA bringen das Atomabkommen mit dem Iran ins Wanken, was Deutschland und Russland, die es erhalten wollen, in diesem Zusammenhang zu Verbündeten werden lässt. Komplizierter werden wohl auch die Handelsbeziehungen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier in dieser Woche in Moskau:
    "Es wird möglicherweise dazu kommen, dass einzelne deutsche Unternehmen ihre geschäftliche Tätigkeit in Russland modifizieren oder einschränken."
    Grund sind Folgen von US-Sanktionen: Sie könnten auch deutsche Geschäftspartner russischer Unternehmen oder Einzelpersonen treffen, etwa im Fall der Erdgaspipeline Nord Stream 2, die die Ukraine ablehnt, und gegen die Washington offen und druckvoll agitiert.
    "Im Augenblick ist es so, dass die Bundeskanzlerin und der russische Präsident die Verhandlungen und Gespräche fortsetzen."
    Kein neuer Putin
    Eine rasche Einigung gilt als unwahrscheinlich. Russische Beobachter wie der Publizist Konstantin von Eggert rechnen insgesamt mit wenig Zählbarem:
    "Die interessanteste, sensationellste Variante könnte diejenige sein, bei der Putin kurz vor einem Normandie-Treffen – ich verstehe es so, dass es um dieses Treffen gehen wird – einige kleine Zugeständnisse anbietet, was den Donbass betrifft."
    Berlin folge noch immer Illusionen.
    "Die deutsche politische Klasse, die politische Führung hat ständig die Hoffnung, dass sie nach Russland kommen, richtige Worte finden und einen neuen Putin sehen. Es gibt aber keinen neuen Putin, und es kann ihn nicht geben. Er ist so, wie er ist, und wird sich nicht verändern."
    In den letzten anderthalb Wochen waren Bundesaußenminister Maas und Wirtschaftsminister Altmaier in Russland. Ende nächster Woche kommt der französische Präsident Macron.