Poroschenko in Berlin

Krisentreffen statt Jubelfeier

Bundeskanzlerin Angela Merkel (r.) mit dem französischen Präsidenten François Hollande und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenkorklären, aufgenommen 2014 in Brüssel.
Angela Merkel und François Hollande wollen die Ukraine dazu drängen, die Vereinbarungen von Minsk einzuhalten. © imago/ITAR-TASS
Von Florian Kellermann · 24.08.2015
Der 24. Unabhängigkeitstag der Ukraine wird überschattet vom Konflikt im Osten des Landes. Präsident Petro Poroschenko verbringt den Tag in Berlin, wo er Merkel und Hollande in Berlin erklären muss, warum der Waffenstillstand nicht hält.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko gab sich unmittelbar vor seinem Berlin-Besuch kämpferisch. Am Wochenende übergab er in Odessa feierlich 170 neue Fahrzeuge an die Armee, darunter Panzer und Mannschaftstransportwagen.
Den Soldaten sagte er:
"Wir sind heute viel besser als noch vor einem Jahr auf die Verteidigung unseres Landes vorbereitet. Das Minsker Abkommen, wie sehr es auch kritisiert wird, hat uns dafür die Zeit gegeben. Wir haben unseren offensichtlichen Rückstand auf Russland teilweise aufgeholt. Vor einem Jahr hatten wir noch weniger als 10.000 kampfbereite Soldaten. Heute sind wir zigmal so stark. Aber von dem, was ich mir erträume, sind wir noch weit entfernt."
Der militärische Konflikt in der Ostukraine wird auch die Feiern zum 24. Jahrestag der Unabhängigkeit prägen. 2300 Soldaten werden durch die Kiewer Innenstadt marschieren – über die Hauptverkehrsstraße Chreschtschatyk. Eine Parade mit militärischem Gerät, wie vor einem Jahr, wird es jedoch nicht geben. Medien begründeten dies damit, dass das Land sparen müsse.
Präsident Poroschenko wird den Unabhängigkeitstag in Berlin verbringen. Er soll Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten François Hollande erklären, warum die Kämpfe in der Ostukraine in den vergangenen Wochen wieder eskalierten. Die beiden Seiten beschossen die Stellungen des Gegners vor allem in der Umgebung von Donezk und bei Mariupol am Asowschen Meer. Dabei starben vor genau einer Woche zehn Menschen, darunter auch Zivilisten.
Drängen auf Vereinbarungen von Minsk
Präsident Poroschenko sieht die Schuld dafür bei den Separatisten.
"Deshalb wollen wir in Berlin weiterhin darauf hinwirken, dass eine mächtige internationale Gemeinschaft entsteht, die als Koalition den Aggressor aufhält. Außerdem soll noch einmal klar gemacht werden, dass die Welt die russische Annexion der Krim nicht anerkennt."
Umgekehrt werden Merkel und Hollande die Ukraine dazu drängen, die Vereinbarungen von Minsk einzuhalten. Dazu gehört eine Verfassungsreform, die den Regionen mehr Vollmachten gibt. Ein solches Projekt, das dem ukrainischen Parlament zur Abstimmung vorliegt, geht Russland nicht weit genug. Moskau fordert eine dauerhafte Sonderstellung des Donezbecken, erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow vor dem heutigen Treffen:
"Wir habe die Vorbereitung zu den Treffen genau beobachtet und werden uns auch die Ergebnisse genau ansehen. Denn für uns ist offensichtlich, dass auf Kiew eingewirkt werden muss. Die Ukraine muss überzeugt werden, dass sie ihre Pflichten aus dem Minsker Abkommen erfüllt."
Doch schon die vorliegende Verfassungsreform stößt bei nationalistischen ukrainischen Politikern auf Widerstand. Sie wollen auch keinen vorübergehenden Sonderstatus für das Donezbecken.
Zuletzt heizte der ukrainische Ex-Präsident Leonid Krawtschuk die Diskussion in Kiew zusätzlich an. Er erklärte in einem Interview, die Ukraine müsse sich von den Separatistengebieten und von der Krim – zumindest vorübergehend – lossagen und alle Kontakte dorthin abbrechen. Die Separatisten sollten doch versuchen, dort tatsächlich eine Verwaltung aufzubauen, so Krawtschuk. Der amtierende Präsident Poroschenko lehnt solche Gedankenspiele, zumindest bisher, ab.
Mehr zum Thema