Politische Vereinnahmung

Popsongs als unerlaubte Wahlkampfhilfe

Donald Trump benutzt gerne Popsongs für seine Wahlkampfauftritte, ohne um Erlaubnis zu fragen.
Donald Trump benutzt gerne Popsongs für seine Wahlkampfauftritte, ohne um Erlaubnis zu fragen. © dpa/picture alliance/Mike Nelson
Von Klaus Walter · 02.03.2016
Ob R.E.M. oder Aerosmith - der Einsatz von Popmusik spielt in Wahlkämpfen eine immer größere Rolle. Besonders geschickt setzt Donald Trump Popsongs für seine Auftritte sein. Doch die Musiker, die die Songs geschrieben haben, setzen sich dagegen zur wehr.
R.E.M.: "It's the End of the World as We Know It (And I Feel Fine)"
Es ist das Ende der Welt und ich fühl mich gut. Als R.E.M. diesen Song 1987 rausbringen, ist der Gedanke, dass Donald Trump mal Präsident der USA werden könnte, ungefähr so weit weg wie das Ende der Welt. 2015 eröffnet der Republikaner seine Wahlkampfshow mit genau diesem Song. Und beweist Sinn für Ironie. Schließlich gilt: je mehr Leute Donald Trumps Kandidatur für das Ende der Welt halten, desto besser fühlt sich Donald Trump.
Weniger gut fühlen sich die Musiker von R.E.M. Sie untersagen Trump die Verwendung ihres Songs. Michael Stipe, der Sänger von R.E.M. unterstützt übrigens den demokratischen Kandidaten Bernie Sanders.
Auch Adele war not amused, dass ihr Welthit "Rolling in the deep" bei Donald Trumps Auftritten gespielt wird.
"Adele hat der Verwendung ihrer Musik für politische Wahlveranstaltungen keine Erlaubnis erteilt."
Erklärte ihr Management. In den USA darf der rechtmäßige Besitzer eines Songs die Verwendung untersagen. Besitzer ist in der Regel entweder der Musiker selbst oder sein Verlag.

In Deutschland bleibt Musikern nur der Klageweg

In Deutschland haben es die Politiker einfacher. Hier müssen Musiker schon eine Klage anstrengen, um eine Vereinnahmung zu verhindern. Die Band "Wir sind Helden" hat zum Beispiel 2014 einen Prozess gegen die NPD gewonnen. Die Neonazis hatten mit dem Helden-Song "Gekommen, um zu bleiben" Reklame gemacht.
Musik: Aerosmith: "Dream on"
Wie Adeles "Rolling in the deep" ist "Dream on" von Aerosmith eigentlich ein unpolitisches Lied. Aber, wenn man denn will, kann man bei "Dream on" an den amerikanischen Traum des Donald Trump denken: Make America Great Again!
Für Steven Tyler, den Sänger von Aerosmith, ist es eher ein Albtraum, dass Trump sein Lied im Wahlkampf einsetzt. Dabei ist Tyler selbst Mitglied der Republikaner, allerdings kein Fan von Donald Trump.
Populisten wie Trump geht es nicht um den politischen Inhalt eines Kampagnensongs: Kampagnenfähig ist, was populär ist und Mitgröhlpotential hat.
Musik: Neil Young: "Rockin in the free world"
"Keep on rockin in the free world" singt Neil Young 1989. Eigentlich kritisiert der Song den Präsidenten George Bush Senior. Am Ende des Kalten Krieges wird der kämpferische Refrain auch gerne missverstanden als Triumphgeheul der "freien" westlichen Welt über den geschlagenen Ostblock.

Dreistes Wildern in der Pop-Geschichte

Auch diesen Song darf der Kandidat nicht mehr im Wahlkampf verwenden. Der Name Trump steht für eine neue Qualität: So rabiat er mit politischen Gegnern umgeht, so dreist wildert sich der Multimilliardär durch die Pop-Geschichte. Der gebürtige Kanadier Neil Young würde übrigens Bernie Sanders wählen, wenn er dürfte.
Die Toten Hosen dagegen würden eher nicht die CDU wählen, können aber nichts dagegen tun, dass die Christdemokraten ihren Wahlsieg mit einem Hosen-Hit feiern.
"An Tagen wie diesen"
Ebenso wenig können die Erben von "Ton Steine Scherben" verhindern, dass ihre Songs von Neonazi-Bands gecovert werden. Derweil wird in Guantanamo Musik von Metalbands wie "Metallica" als akustische Folter eingesetzt.
Bruce Springsteen: "Born in the USA"
Auch bei Bruce Springsteen öffnet sich die Schere zwischen Strophe und Refrain. In den Strophen singt "der Boss" vom Elend eines Vietnam-Veteranen, der Refrain ist die Lizenz zum patriotischen Fäusteballen. Ronald Reagan setzt "Born in the USA" im Wahlkampf ein. Mit Erfolg. Springsteen ist sauer: Beifall von der falschen Seite.
Paul Van Dyk & Peter Heppner: "Wir Sind Wir"

Beifall von der falschen Seite

Beifall von der falschen Seite bekommt auch Paul van Dyk. Der Berliner Musiker will der sogenannten Alternative für Deutschland verbieten, seinen Song "Wir sind wir" bei ihren Kundgebungen zu spielen. Van Dyk ist nach eigener Aussage Sozialdemokrat "von ganzem Herzen". Und wundert sich, dass sein völkisches Liedgut auch bei denen ankommt, die Flüchtlingsheime belagern mit dem Schlachtruf "Wir sind das Volk".
Kai Niemann: "Wir sind das Volk"
Auch Kai Niemann ist "eher linksgerichtet", wie er in einem Interview mit der "taz" verkündet. Und kann gar nicht verstehen, dass sein Song "Wir sind das Volk" bei Veranstaltungen von Pegida und NPD gespielt wird.
Das ist ein bisschen so, als hätte er ein Spirituosengeschäft und würde sich wundern, dass auch Alkoholiker seinen Schnaps kaufen. Man kann das naiv finden. Oder einfach nur dumm.
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