Plastikmüll und Co.

Das Geschäft mit den Umweltängsten

Aufnahme unter Wasser. Im Wasser schwimmt Plastikmüll umher.
Plastikmüll im Meer. © imago / Nature Picture Library
Von Udo Pollmer · 02.11.2018
Insektensterben, Erderwärmung, Plastikmüll - aus Umweltängsten lässt sich bestens Kapital schlagen, meint Udo Pollmer. Beispiel: die Ocean-Cleanup-Kampagne, bei der Aktivisten Plastik aus dem Meer fischen. Damit könne man ein Leben schon finanzieren, solange die Spendengelder fließen.
Wozu noch Horrorfilme gucken? Ständig werden uns willkürlich Angstszenarien aufgetischt, deren Wirkung vor allem darin liegt, die Bürger zu verunsichern, bis niemand mehr weiß, was stimmt und was nicht. Bei den sich ständig widersprechenden Aussagen zur "gesunden Ernährung" ist dieser Effekt zur Genüge bekannt.
Nun wird der Untergang des Individuums durch "zu viel" Salz oder "zu wenig" Gemüse ergänzt vom drohenden Suizid der Menschheit durch zu viel Plastik oder zu wenig Insekten. Schon kann das perfide Verwirrspiel beginnen, ein jeder darf sich die Angst heraussuchen, die zu ihm passt.

Reichere Ernten durch Erderwärmung

Die dräuende Gefahr von Missernten mangels Bestäubung, weil die Insekten sterben, kennt inzwischen jeder. Parallel dazu geht jetzt die Story von einer beängstigenden Vermehrung der Insekten herum, die dann als biblische Plage die Ernten vernichten. Typische Schlagzeile: "Hungersnot wegen Klimawandel? Schädlinge fressen Getreide weg". Was steckt dahinter? Insekten vertilgen jedes Jahr etwa 10 Prozent der globalen Getreideernte. Nun warnen Experten: "Steigt die globale Durchschnittstemperatur der Erde nur um 2 Grad über das vorindustrielle Niveau", steigen die jährlichen Ernteverluste auf ca. 15 Prozent. Das bedeute einen Verlust "von rund 213 Millionen Tonnen".
Daraus folgern Forscher, Journalisten und Aktivisten, steigende Temperaturen gefährden die Ernährungssicherheit. Irrtum. Wenn's auf dem Globus wärmer wird, gedeihen auch die Pflanzen und die Ernten fallen reicher aus. Zudem gibt es vernünftige Möglichkeiten Schädlingsbefall zu managen. In der Dritten Welt klappt das nicht immer, vor allem beim Vorratsschutz hapert es. Das hat aber nichts mit dem Klimawandel zu tun. Hoffentlich kehren die als Maßstab genannten vorindustriellen Zeiten nie wieder: Da gab es regelmäßig Missernten und Hungersnöte!

Eine Lebensstellung dank Spendengeldern

Wenn man das Publikum derart leicht manipulieren kann, wird es immer einfacher, daraus Kapital zu schlagen. Dies illustriert die Ocean-Cleanup-Kampagne: Ist es nicht eine geniale Idee, Plastik aus dem Meer zu fischen? Auf dem Wasser rumschippern, Sprit verbrauchen, Luft verpesten und sich toll vorkommen, weil man den Ozean putzt? Eine Lebensstellung, solange die Spendengelder fließen. Jede Putzfrau würde vor Neid erblassen, wenn sie ihren Lohn mit dem Spendenaufkommen aus dieser gewerbsmäßigen Bettelei vergleicht.
Während Spiegel Online vom "Plastikfluch" spricht, also von Teufelswerk, warnt die FAZ vor dem Entfernen von Plastik aus dem Ozean. Dies würde "sehr große ökologische Schäden anrichten", zitiert sie den Meeresbiologen Martin Thiel. Alles, was im Ozean treibt, wird sofort von vielen Organismen besiedelt. Mikroben zerlegen im Team die komplexen Kunststoff-Mixturen. Räuberische Wimperntierchen wiederum weiden den nachwachsenden Bakterienfilm ab. Die Fachwelt spricht von einem neuen und genialen Ökosystem: der Plastisphere.
Plastik ist im Gegensatz zu den im Meer versenkten chemischen Waffen nicht besonders gefährlich. Während Aktivisten im Ozean nach Tüten angeln, rosten Unmengen an TNT-Minen und Giftgasgranaten am Meeresboden langsam, aber sicher durch. Eine Bergung dieses höchst brisanten Mülls ist natürlich nichts für die Knäblein und Mägdelein, die mit dem Schiffchen ausgezogen sind, die Welt zu retten.

Das hält nicht mal der Hering aus

Wenn wir schon beim beliebigen Horror sind, darf der wichtigste Risikostoff im Meer natürlich nicht fehlen - er soll jedes Jahr für Millionen von Todesfällen verantwortlich sein, warnen Mediziner und Ernährungsberater. Da ihm auch Tierversuche ein erhebliches Risiko bescheinigen, sollten wir die Gefahren für das Leben im Meer nicht unterschätzen.
Was macht diese Chemikalie so bedenklich? Sie ist fast so giftig wie das Schmerzmittel Paracetamol. Im Gegensatz zum Plastik ist sie nicht abbaubar und zerfällt auch nicht wie Plutonium im Laufe von Millionen Jahren. Außerdem ist die im Meer gelöste Menge im Vergleich zu Plastik schier unvorstellbar: Es sind 50 Trillionen Tonnen (50 000 000 000 000 000 Tonnen) - Kochsalz. Soviel Salz kann nicht gesund sein – nicht einmal für Heringe. Mahlzeit!
Literatur:
Schwarz S, Kern V: Gefräßige Schädlinge. Der Klimawandel lässt Insektenpopulationen in vielen Regionen wachsen – und hungriger werden. FR.de vom 22. Sept 2018
Knauer R: Hungersnot wegen Klimawandel? Schädlinge fressen Getreide weg. Aargauer Zeitung 5. Sept. 2018
Deutsch CA et al: Increase in crop losses to insect pests in a warming climate. Science 2018; 361: 916-919
Marx U: "Entfernen von Plastik im offenen Ozean würde große Schäden anrichten". Faz.net 30. August 2018
Thiel M et al: Impacts of marine plastic pollution from continental coasts to subtropical gyres – fish, seabirds, and other vertebrates in the SE Pacific. Frontiers in Marine Science 2018; 5: e238
Oberholz A: Tödliche Gefahr aus der Tiefe. Kommunal-Verlag, Düsseldorf 1991
Mozaffarian D et al: Global sodium consumption and death from cardiovascular causes. New England Journal of Medicine 2014; 371: 624-634
Gray N: High salt intake causes 2.3 million deaths per year. Food Navigator 25. March 2013
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