Pinkwart: FDP hat Schwarz-Gelb in NRW nicht aufgekündigt

Andreas Pinkwart im Gespräch mit Hanns Ostermann · 18.06.2010
Der FDP-Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen, Andreas Pinkwart, hat dem Vorwurf widersprochen, er habe die schwarz-gelbe Koalition im Land aufgekündigt. In NRW gebe es eine geschäftsführende Landesregierung aus CDU und Liberalen, und diese wolle ihre gute Arbeit dort auch fortsetzen, sagte der FDP-Politiker.
Hanns Ostermann: Jetzt also doch: Sozialdemokraten und Grüne planen für NRW eine Minderheitsregierung. Noch vor der Sommerpause will sich Hannelore Kraft zur Ministerpräsidentin wählen lassen.

Eine überraschende Wende, für die eine Partei verantwortlich gemacht wird: die FDP. Ihr Landeschef und stellvertretender Ministerpräsident hatte die schwarz-gelbe Koalition in Düsseldorf für beendet erklärt, sagt die SPD. Andreas Pinkwart ist jetzt am Telefon von Deutschlandradio Kultur. Guten Morgen, Herr Pinkwart!

Andreas Pinkwart: Guten Morgen!

Ostermann: Haben Sie denn jetzt die Koalition aufgekündigt oder nicht?

Pinkwart: Es ist ja ganz offensichtlich, dass Frau Kraft als Getriebene in diesem Prozess ein Argument suchen musste, um ihre überraschende Kehrtwende überhaupt nur begründen zu können. Es ist absurd, das Argument.

Jeder weiß: Nach der Konstituierung des neuen Landtags am 9. Juno haben weder Schwarz-Gelb noch Rot-Grün eine Mehrheit im Landtag, und deshalb haben wir ja auch eine geschäftsführende Landesregierung. Das ist keine neue Nachricht.

Ostermann: Also hat Frau Kraft die Unwahrheit gesagt? Sie wollten mit der CDU wirklich weitermachen?

Pinkwart: Wir haben ja nun eine geschäftsführende Landesregierung, und das habe ich auch deutlich gemacht, dass wir unsere gute Arbeit in der Landesregierung weiter fortsetzen würden.

Ostermann: Dann sind Sie völlig missverstanden worden, denn es war ja zugleich durchaus auch zu lesen, dass sozusagen das, was Sie sich gemeinsam mit der CDU vorgenommen haben, dass dies abgearbeitet sei.

Pinkwart: Ja, gut, das ist immer so, dass Koalitionsverträge sich auf eine Legislaturperiode beziehen, und die ist ja nun abgelaufen. Es ist eine neue Legislaturperiode da, und wir haben keine Mehrheit für Schwarz-Gelb, und Jürgen Rüttgers - in Ihrem Sender noch vor einigen Tagen – hat genau das zum Ausdruck gebracht, was ich auch gesagt habe, dass jetzt CDU und FDP im Landtag auch darauf hinwirken würden, dass Mehrheiten auch möglich werden könnten im Interesse des Landes. Das ist unsere Aufgabenstellung.

Und darüber hinaus haben sich CDU wie FDP darum bemüht, dass stabile Regierungen möglich werden, indem die CDU eine Große Koalition der SPD angeboten hat und intensiv sich bemüht hat darum, dass die SPD sich einem solchen Weg öffnet, und die FDP hat ihrerseits SPD und Grünen, aber auch CDU und Grünen Möglichkeiten aufgezeigt, wie man zu stabilen Mehrheiten hätte kommen können. Das ist aber von beiden Parteien torpediert worden, offensichtlich, weil man mit den Linken gemeinsame Sache machen möchte.

Ostermann: Sie haben sich um eine Ampel bemüht, aber waren die Meinungsunterschiede in der Schul- und Energiepolitik wirklich so unüberbrückbar?

Pinkwart: Ja, das war ja so, dass die Grünen offensichtlich auch gar keine Einigung wollten, denn selbst zaghafte Versuche der SPD, sich zu lösen von Maximalforderungen, etwa zur Einführung nur noch einer Schulführung in Nordrhein-Westfalen, wurden von den Grünen ja brüsk abgelehnt.

Ostermann: In der Politik hört man eigentlich nur, was die anderen falsch gemacht haben. Was werfen Sie sich selbst eigentlich vor?

Pinkwart: Wir haben den Versuch unternommen – und ich finde, das ist auch sehr, sehr richtig und notwendig –, uns auch zu öffnen für andere Konstellationen, aber wir haben eben auch deutlich gemacht, dass wir unser Land nur aus der Mitte heraus verlässlich regieren können, und dass wir gerade dem Bildungssystem ... auch den Kindern eine gute Zukunft bieten müssen.

Und das haben wir in den Gesprächen auch, die wir geführt haben, die wir als Partei auch möglich gemacht haben, auch zum Ausdruck gebracht. Ich habe bei SPD, aber vor allen Dingen bei den Grünen vermisst, dass man eine hinreichende Kompromissbereitschaft zeigt, die man nun mal in einem Fünf-Parteien-System auch braucht, um aus der Mitte heraus auch stabile Mehrheiten möglich zu machen.

Ostermann: Immerhin hieß es, dass Sie durchaus hätten weiter verhandeln wollen, dann aber von Ihrem Fraktionsvorsitzenden zurückgepfiffen wurden. Ist es möglich, dass Sie sich als Landeschef nicht durchsetzen konnten?

Pinkwart: Es war ja genau umgekehrt. Es war ja so, dass es Versuche gegeben hat der SPD, doch noch mal auch sich zu lösen aus Verabredungen, die mit den Grünen getroffen worden waren, etwa bei der Gemeinschaftsschule oder bei dem wichtigen Feld der Energie- und Industriepolitik, und das ist von den Grünen abgelehnt worden, sodass es überhaupt keine Grundlage gegeben hätte, um weiter verhandeln zu können.

Ostermann: Herr Pinkwart, Ihre Partei dümpelt derzeit bei Umfragen so um die fünf Prozent herum, das mag auch daran liegen, dass Sie zunächst Gespräche in NRW mit SPD und Grünen abgelehnt haben, aber dann doch wieder an den Verhandlungstisch zurückkamen. Wie wollen Sie eigentlich aus dieser Situation herauskommen?

Pinkwart: Diese Situation war ja anders. Wir haben gesagt, wir lassen es nicht zu, dass parallele Gespräche mit uns und den Linken geführt werden. Wir wollen, dass demokratische Parteien untereinander hier Koalitionen bilden können.

Es hätte ja genügend Gelegenheiten gegeben, das zu machen, und Konstellationen gegeben, und jetzt bewahrheitet sich offensichtlich unsere Befürchtung, die wir schon zu Beginn hatten, dass Rot-Grün gar keine ernsthaften Gespräche mit der FDP oder die SPD mit der CDU suchen wollten, sondern von vornherein wohl mit ins Kalkül gezogen hatten, eine Minderheitsregierung mit Unterstützung der Linken in Nordrhein-Westfalen durchzusetzen.

Ostermann: Na ja, Hannelore Kraft hofft offensichtlich nicht nur auf die Unterstützung der Linken, sondern in der einen oder anderen Sachfrage auch auf die Unterstützung der anderen Parteien. Ist das Handtuch zur FDP endgültig durchschnitten?

Pinkwart: So kann man ja nicht zusammenarbeiten. Es ist ja immer notwendig, eine ganzheitliche Verantwortung auch für ein Land zu übernehmen. Sie können ja nicht sich die Rosinen rauspicken in einzelnen Sachfragen und dann etwa die Rückwirkung auf den Haushalt nicht mit in den Blick nehmen.

Hier gibt es eine Gesamtverantwortung, dann muss man sich einigen in den zentralen Politikfeldern, dazu waren CDU wie auch die FDP bereit, das ist ausgeschlagen worden, und damit ist offensichtlich: Rot-Grün wollen ihre Extrempositionen durchsetzen, und das werden sie offensichtlich nur mit den Linken tun können, und das ist für Nordrhein-Westfalen die schlechteste Variante, die es nur geben kann.

Ostermann: Andreas Pinkwart, der FDP-Landeschef in Nordrhein-Westfalen. Herr Pinkwart, danke für das Gespräch!

Pinkwart: Ich danke Ihnen!