Petr Popelka dirigiert Rimski-Korsakows Märchen-Suite

Debüt mit romantischen Farben

Der Dirigent Petr Popelka
Der Dirigent Petr Popelka © Matthias Creutziger/Künstlersekretariat am Gasteig
Moderation: Volker Michael · 09.02.2021
Scheherazade musste für ihr Überleben erzählen. Rimski-Korsakow hat aus ihren Märchen ein famoses Orchesterwerk gemacht. Petr Popelka bestritt damit sein Debüt beim Prager RSO. Außerdem gab es Musik vom Lehrer-Schülerpaar Albert Roussel und Bohuslav Martinů.
Zehn Jahre war Petr Popelka als Kontrabassist Mitglied der Sächsischen Staatskapelle in Dresden. Inzwischen ist er Chefdirigent des Norwegischen Rundfunksinfonieorchesters. Seine Karriere als Orchestermusiker begann einst im Prager Radiosinfonieorchester, zu dem er nun - in neuer Rolle- zurückkehrt. Das Repertoire seines Prager Debüts bestand am 8. Januar 2021 aus drei Werken – Das Finale ist die fulminante Sinfonische Suite "Scheherazade" von Nikolaj Rimski-Korsakow.
Der erste Teil des Konzerts ohne Publikum im Prager Rudolfinum bestand aus zwei nicht so gut eingeführten Werken. Der Geiger Josef Špaček war als Solist im ersten Violinkonzert von Bohuslav Martinů zu erleben. Zu Beginn gab es Musik von Martinůs wichtigstem Lehrer, von Albert Roussel. Das gesamte musikalische Programm hatte sich Petr Popelka vor langer Zeit ausgedacht.
Der Geiger Josef Špaček
Der Geiger Josef Špaček© Radovan Subin/Website Josef Špaček
Albert Roussels "Konzert für Kleines Orchester" ist ein Stück aus der Mitte der 1920er Jahre. Roussel entdeckte die klassische und barocke Tradition in dieser Zeit für sich neu. Er wurde 1869 im nordfranzösischen Tourcoing geboren, war Musiker und Marineoffizier, eine Kombination, die in Frankreich häufiger vorkam.
Als Soldat kam er viel in der Welt herum. Das schlägt sich auch in seinem Gesamtwerk nieder. Nach vielen Experimenten – auch mit außereuropäischer Musik - gelangte er schließlich zu einer sehr individuellen Form von Neoklassizismus. Und er wurde ein einflussreicher Lehrer, neben Bohuslav Martinů zählen Erik Satie und Edgar Varèse zu seinen wichtigsten Schülern.

Paris entfachte seine Kreativität

Bohuslav Martinůs 1. Violinkonzert datiert aus dem Jahr 1933. Da lebte er schon zehn Jahre in Paris, wohin er gekommen war, weil ihm Prag und die Tschechoslowakei nach Ende des Habsburger Reiches nicht genug Anregungen boten. Paris entfachte seine Kreativität.
Martinů lebte insgesamt 17 Jahre in der Hauptstadt Paris, die damals auch die europäische Hauptstadt der Musik war. Sie habe ihn aufgeklärt und letztlich auch gezeigt, dass er ein tschechischer Musiker sei, meinte Martinů im Rückblick auf seine Pariser Lehr- und Arbeitsjahre. Erst 1940 musste er Paris auf der Flucht vor der deutschen Besetzung verlassen.

Ein Meisterwerk mit ebensolchem Geiger

Sein erstes Violinkonzert ist eindeutig ein Meisterwerk, auch wenn es die Musikwelt erst spät zur Kenntnis genommen hat. Es wurde erst 40 Jahre nach seiner Entstehung uraufgeführt. An diesem Abend spielt es Josef Špaček. Er ist genauso alt wie der Dirigent Petr Popelka. Er war der jüngste Erste Konzertmeister der Tschechischen Philharmonie und hat in den USA und in Prag studiert.

Mythos Orient mit Geigensolo

Der Mythos des Orients schlechthin ist Inhalt der Sinfonischen Suite "Scheherazade" von Nikolaj Rimski-Korsakow. Die Märchen aus 1001 Nacht ist jene Kollektion mythischer und alltäglicher Geschichten, die Scheherazade erzählt, die Tochter eines Wesirs ist.
Die Inhalte stammen ursprünglich wohl aus Indien, wurden dann von den Persern aufgeschrieben und von den Arabern in Bagdad erweitert und in die heute bekannte Fassung gebracht. Bemerkenswert ist: Den gebräuchlichen arabischen Titel "Alf Laila wa Laila" (wörtlich: Tausend Nächte und eine Nacht) hat erstmals ein Kairoer Jude in sein Notizbuch geschrieben. Vier Episoden aus dem umfassenden Werk hat Nikolaj Rimski-Korsakow ausgewählt.

Erzählen als Überlebensstrategie

Scheherazade erzählt ihre schier unendlich vielen Geschichten, um ihr Leben zu retten, denn der misogyne König lässt alle Frauen, die er sich mehr oder minder mit Gewalt nimmt, nach der ersten Nacht töten, weil er der Meinung ist, dass alle Frauen untreu seien. Er ist ein rasender Despot, der durch Märchen besänftigt wird.
Rimski-Korsakows Musik ist spielerisch, verträumt, fantasievoll und farbenreich fürs ganze Orchester gedacht. Bedrohlich zeigt sich der König nur zu Beginn. Die Sologeige des 1. Konzertmeisters Vlastimil Kobrle führt durch Scheherazades episches Königinnenreich.
Rudolfinum Prag
Aufzeichnung vom 8. Januar 2021
Albert Roussel
Concert pour petit orchestre op. 34
Bohuslav Martinů
Violinkonzert Nr. 1 H 226
Nikolaj Rimski-Korsakow
"Scheherezade", Symphonische Suite op. 35

Josef Špaček, Violine
Prager Radio Symphonie-Orchester
Leitung: Petr Popelka

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