Petition #wikifueralle

Für mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Wikipedia

06:45 Minuten
Theresa Hannig , aufgenommen im Oktober 2017, auf der 69. Frankfurter Buchmesse, in Frankfurt am Main.
Science-Fiction-Autorin Theresa Hannig © picture alliance / dpa / Uwe Zucchi
Theresa Hannig im Gespräch mit Gesa Ufer · 03.04.2019
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Kaum hatte Theresa Hannig ihre "Liste deutschsprachiger Science-Fiction-Autorinnen" erstellt, wurde diese auch schon zur Löschung vorgeschlagen. Nach einem Aufschrei existiert sie weiter – nun will Hannig an die Strukturen der Wikipedia.
Die Online-Enzyklopädie Wikipedia soll geschlechtergerechter werden – das jedenfalls fordert eine Gruppe von Autorinnen und Autoren per Onlinepetition. Unter dem Hashtag #wikifüralle sammeln sie seit gestern Unterschriften. Angestoßen hat diese Petition die Science-Fiction Autorin Theresa Hannig, nachdem sie im März die Enzyklopädie bearbeitet hatte.
Hannig, selbst Science-Fiction-Autorin, hatte damals ergänzend zur "Liste deutschprachiger Science-Fiction-Autoren" eine "Liste deutschprachiger Science-Fiction-Autorinnen" auf Wikipedia erstellt. Sehr schnell kam eine Reaktion: "Überflüssige Liste, die Redundanzen schafft, vom Inhalt her unklar und vom Konzept her dubios ist." Daraufhin entbrannte eine heftige Diskussion.

Gehen Frauen im generischen Maskulinum unter?

Der Begriff Redundanz verweist auf ein strukturelles Problem auf Wikipedia, denn in der Liste der Autoren sind auch Autorinnen aufgeführt. In der Wikipedia-Diskussion - das Lexikon lebt von der Mitarbeit von Autoren und engagierten Usern - argumentierte Hannig damals nach eigener Aussage, es möge ja sein, dass es eine Autorenliste gibt: "Aber wenn ich dezidiert nach Autorinnen suche, was ich nun mal gerne möchte, dann finde ich niemanden, weil wir das generische Maskulin nutzen und oftmals die Menschen und leider auch die Algorithmen nicht wissen, dass 'Autorin' eine Unterkategorie des generischen Maskulinums 'Autor' ist."
Ergebnis, so Hannig: "Wenn ich nach 'Autor' suche, finde ich Männer und gemischte Listen, wenn ich aber nach 'Autorinnen' suche, finde ich gar nichts." Das sei überholt, findet Hannig: "Es kann ja nicht sein, dass ich in die Autorenliste gehen muss und dann händisch alle Frauen über den Vornamen herausschreiben muss - da sollten wir im Jahr 2019 ja weiter sein: Also mache ich eine eigene Liste."

Demokratischere Strukturen gefordert

Nach einer, so Hannig, "engagierten Diskussion" auf Wikipedia gibt es die Liste weiterhin, sie wachse auch weiterhin, aber Hannig will inzwischen mehr: "Uns reicht das nicht, dass diese Liste weiter existiert, wir wollen generell was ändern. Wir wollen, dass mehr Geschlechtergerechtigkeit auf der Wikipedia herrscht, dass mehr Frauen und nicht binäre Menschen in der Wikipedia Erwähnung finden, dass die sichtbar werden, durch Überschriften wie Autorinnen und dadurch, dass gemischte Listen nach Geschlecht sortierbar sind - dass ich's nicht per Hand machen muss."
Zudem wünsche sich Hannig, dass sich mehr Frauen und nicht-binäre Menschen an der Wikipedia beteiligen. Und letztlich würde sie gern auch an die Organisation der Wikipedia herangehen: Die internen Strukturen wünscht sie sich demokratischer, während sie aktuell sehr meritokratischen seien - wer also viel Verdienst um die Wikipedia habe, habe mehr Einfluss und Rechte.

Wer hat die Löschmacht?

Auch wenn sie grundsätzlich dafür sei, "dass Experten über die Artikel bestimmen", finde sie es nicht gut, "dass die Löschmacht einzelnen Personen obliegt". Deshalb sei ihr Vorschlag, dass ein Gremium sich abstimmen müsse, wenn eine Löschung diskutiert wird.
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