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Bildung
Mit Filmen Unterricht gestalten

Im Schulunterricht Filme zeigen - das gilt oft als Notlösung. Dabei lässt sich mit Filmen der Unterricht gut gestalten, beispielsweise in Fremdsprachen. Das Internetportal "Vision Kino" hat jetzt einen Praxisleitfaden veröffentlicht, in dem Lehrer Methoden, Tipps und Informationen für den Umgang und die Arbeitsmöglichkeiten mit dem Medium Film finden.

Von Bernd Sobolla | 07.01.2016
    Studenten der Universität Duisburg/Essen verfolgen im großen Saal des Essener Multiplex-Kinos eine Vorlesung (Foto vom 17.10.2011). Die Universität ist zum Semesterstart proppenvoll.
    Nicht nur fürs Kino geeignet: Mit Filmen in Originalsprache lässt sich der Fremdsprachenunterricht interessant gestalten. (picture alliance / dpa / Roland Weihrauch)
    "You've been selected for a mission which you are not to discuss with anyone outside of this room." - aus Steven Spielbergs "Bridges of Spies "
    Nun, wenn Englischlehrer zum Beispiel Steven Spielbergs neuen Film "Bridges of Spies" in ihrem Unterricht einsetzen, dann dürfen die Schüler nicht nur über den Film reden, sie sollen es sogar. Und "Vision Kino" unterstützt die Pädagogen dabei mit einem 66-seitigen Praxisleitfaden. Mit ihm soll den Lehrern die Angst genommen werden, ihre Schüler mit originalsprachlichen Filmen möglicherweise zu überfordern. Denn in dem Heft finden Sie alles, was sie brauchen, ihr Unterrichtsthema und den entsprechenden Film zu planen, wie Elena Solte, die Autorin des Leitfadens erläutert:
    "Ganz allgemein ist es die Frage: Was ist gerade die thematische Einheit in meinem Unterricht? Mit welchen Schülern, mit welcher Altersgruppe habe ich es zu tun? Was interessiert meine Schüler? Was weiß ich, welche Filme meine Schüler gerne sehen? Und dann im Fremdsprachenunterricht ist dann natürlich auch ausschlaggebend, die sprachliche Komplexität vorher einzuschätzen. Also die Frage, ob Dialekte gesprochen werden oder Slang, also Milieusprache. Eventuell möchte ich auch diese sprachlichen Varietäten direkt thematisieren. Dann macht es natürlich Sinn, so einen Film auszuwählen."
    Filme in Originalsprache verstehen
    Vor allem die Frage nach den Hilfsmitteln ist für die Herangehensweise wichtig: Zu einigen Filmen existieren bereits sogenannte "Begleithefte", die zum Beispiel von kinofenster.de herausgegeben werden. Wenn es ein Drehbuch zum Film gibt - umso besser. Und wenn es sich um eine Literaturverfilmung handelt, lassen sich die Story, ihre Umsetzung und die Charaktere im Buch beziehungsweise Film vergleichen. Ein Klassiker wie Theodor Fontanes "Effie Briest" zum Beispiel wurde bereits mehrfach verfilmt. Im Leitfaden heißt es unter anderem:
    "Die regelmäßige Begegnung mit Filmen hilft Schülern, Filme in der Originalsprache zu verstehen. Denn sie kompensieren Verstehensdefizite auf sprachlicher Ebene durch das
    Erkennen von Bildinhalten und lassen sich intuitiv auf das audiovisuelle Medium ein."
    Wird in einem Film viel Slang oder Dialekt gesprochen, müssen die Schüler entsprechend vorbereitet werden, indem unbekannte Wörter oder Redewendungen besprochen werden. Grundsätzlich gilt: Gerade in solchen Filmen, erleben die Schüler Gesprächssituationen, mit denen sie im realen Leben auch konfrontiert werden. Der Leitfaden geht ebenfalls auf den Einsatz von intralingualen Untertiteln ein, die viele DVDs bieten: also zum Beispiel französische Untertitel in einem französischen Film. Allerdings sollte man bei ihrem Einsatz vorsichtig sein, wie Elena Solte betont:
    "Da muss man aber aufpassen, dass man diese nicht von Anfang an und immer einsetzt, dass die Schüler nicht so auf dieses Lesen konditioniert werden. Von daher bietet es sich immer an, wenn eine Szene häufiger gezeigt und gesehen wird: ohne Untertitel zu sehen, einmal mit Untertitel, eventuell auch mal ohne Tonspur, dann mit Tonspur. Immer mehr Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, mit der eventuelle Verständnislücken gefüllt werden können."
    Erfahrungsberichte fehlen
    Der Leitfaden widmet sich darüber hinaus in einzelnen Kapiteln dem Trailer und dem Filmplakat, dem Genre oder Personenporträts. Auch wird angeregt, nach dem Film szenische Rollenspiele durchzuführen, um die Identifikationsprozesse zu intensivieren. Und in dem ausführlichen Serviceteil finden Lehrer Tipps für Filmfestivals, Internetseiten und Videoarchive. Außerdem werden sämtliche Filmfachbegriffe in Englisch, Französisch und Spanisch erläutert, und es gibt viele Beispielfragen, die sich für Diskussionen anbieten. Für Pädagogen, die schon mehr Erfahrung mit dem Einsatz von Filmen im Unterricht haben, gibt es Tipps, wie Schüler Exposés oder Drehbücher schreiben können, Szenen nachspielen, mit der Handykamera filmen oder auch Synchronisationen durchführen können. Eigentlich fehlt dem Leitfaden nur eine Sache: nämlich Berichte von Lehrern, die bereits viel Erfahrung beim Einsatz von Film im Unterricht haben. Aber vielleicht wird das bei der nächsten Auflage nachgeholt.