Pausenbrot ade

Lieber geschichtet als geschmiert

05:33 Minuten
Drei Gläser mit Schraubverschluss, in denen die geschichteten Zutaten zu sehen sind, stehen nebeneinander.
Essen im Glas: Penibel geschichtet und schön anzusehen. © Unsplash / Ella Olsson
Von Matthias Finger  · 27.07.2019
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Frühstücks-, Mittags-, Vesperpause: Früher griff man dann zur Stulle. Heute stiehlt Essen im Glas dem Pausenbrot die Schau. Die geschichteten Zutaten machen optisch richtig was her – und ermöglichen eine gute Kontrolle über den Snack zwischendurch.
Die kulinarische Kulturtechnik des Vorkochens feiert eine Renaissance: Mit neuentdeckter Kochfreude bereiten wir aufwendige Gerichte vor – jetzt auch als Pausensnacks für unterwegs. Das probiere ich selber aus!

"Essen im Glas bedient unsere Obsession mit gesunder Nahrung."

Meal Prep statt Kantinenessen

Die Bewegung dahinter nennt sich Meal Prep – also Menschen, die Nahrung vorbereiten. So könnte auch ich tagsüber einen großen Bogen um schwer im Magen liegende Döner und geschmacksneutrale Kantinenkost machen.
"Zum einen wird das auf die Dauer sehr teuer", stellt Lifestyle-Coach Claudia Erp fest. "Zum anderen wird in all diesen Bereichen mit Fertig-, mit Convenience-Produkten gearbeitet und das ist natürlich nicht sehr nahrhaft. Da sind viele Nährstoffe schon verloren."
Als leichte Übung für Anfänger empfiehlt sie mir Quinoasalat – im Glas. Quinoa klingt irgendwie Öko und brennt mir auch gleich an, weil das Wasser viel zu schnell verdampft. Mist! Egal, die Quinoa kommt erst mal ins Glas.
"Dann nehme ich jetzt frische Kirschen mit dazu", erklärt Claudia Erp. "Feta kommt mit rein, Mandeln kommen mit rein – damit ich gute Fette und gute Proteine mit drin habe. Und dann kommt noch als frische Komponente Rucolasalat dazu. Und dann habt ihr ein superleckeres nahrhaftes Mittagessen aus dem Glas."

Zutaten penibel gegen die Glaswand drücken

Die Zutaten drapiere ich schichtweise übereinander: Von innen drücke ich sie penibel gegen die Glaswand – damit allen anderen auch wirklich der Zahn tropft.

"In unserer auf Achtsamkeit gepolten Welt steigert Essen im Glasbehälter die Vorfreude: Mmm, das gönn ich mir gleich."

Ein ausgewaschenes Joghurtglas mit Etikettfetzen kann ich im Instagram-Zeitalter aber nicht nehmen: Der Posing-Faktor ist zu gering. Da muss ich schon zum leicht eckigen, nach seinem amerikanischen Erfinder benannten Mason-Glas greifen – mit standardisiertem, silbernem Schraubdeckel.
In trendigen Bars werden daraus heute auch gerne Getränke kredenzt. Nadine Schühnemann verkauft die Einmachgläser mit dem Industrial Look auf Lieblingsglas.de:
"Das ist vom Design her was ganz anderes. Da ist hinten eine Früchteprägung und vorne ein Schriftzug drauf. Das sieht einfach ganz nett aus. Und an der Seite findest du noch die Füllmengen in Millimeterangaben. Was superpraktisch ist – manchmal in der Küche zum Kochen."

Essensdöschen haben in Indien Tradition

In Mumbai werden immer noch 200.000 Arbeiter täglich von ihren Familien mit frische Gerichten versorgt – in übereinander gestapelten Essensdöschen, Tiffins genannt. Bei uns wurden Mahlzeiten bis in die 60er-Jahre hinein auch noch gern in Behältern mit auf Arbeit genommen – für die Mittagspause. Nun übernimmt das Glas diese Funktion.

"Das Einmachglas ist der neue Henkelmann."

Eine Art Bentobox, in der ich Speisen nicht neben-, sondern übereinander lagere. Und obwohl das Ganze so viel üppiger aussieht als das Brot mit Käse, kann das Lunch mit Durchblick auch noch zur Traumfigur verhelfen.

"Essen im Glas gibt uns maximale Kontrolle über unsere Nahrung."

Bei Pausensnacks aus dem Glas lassen sich nämlich prima Zucker-, Kalorien- und Nährstoffgehalt steuern, findet auch Meal-Preper Marcus Scheller aus Berlin: "Man weiß, dass dieser Körper vor allem in der Küche gemacht wird und nicht im Fitnessstudio. Man kann jedes Training im Grunde kaputt essen, wenn man so will. Und das passiert vor allem, wenn man nicht plant. Unser Körper kann nicht widerstehen, wenn links und rechts Nahrungsmittel vorfindet, dann isst man die einfach."

Gesundes Essen, das gut aussieht

Und das gute alte Pausenbrot? Hat wohl ausgedient, moderne Konsumenten ziehen komplexe Kohlenhydrate im Glas den einfachen – also schlechten – vor:
"Weil es natürlich einfach gesünder ist", sagt Nadine Schühnemann, "wenn du was Reichhaltigeres mitnimmst, dass du dir zu Hause zubereitet hast – gerade auch so mit Superfoods oder Haferflocken in der Frühe. Das hält dich natürlich viel länger satt als ein Brot.
Und mein eigener Qinoasalat? Kommt auch bei meiner Freundin sehr gut an:
"Oh, das sieht ja voll schön aus – der Farbverlauf. Das Quinoa schmeckt voll gut mit den Nüssen und der Käse schmeckt auch sehr gut mit den Kirschen und dem Quinoa. Das ist eine ganz neue Kombination. Würde man so nicht draufkommen. Schmeckt aber sehr lecker."
Also: Voller Sieg nach Punkten für die neue "Schichtbarkeit". Essen im Glas darf ich Zukunft wohl öfter vorbereiten – als Pausensnack.
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