Parteien im Wettstreit

Dreckige Wäsche im Wahlkampf

16:57 Minuten
Der Chef der Staatskanzlei in Düsseldorf, Staatssekretär Nathanael Liminski.
Bisher war Nathanael Liminski eher der Mann im Hintergrund, jetzt zielt ein SPD-Video auf den wohl wichtigsten Berater des CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet © picture alliance /dpa /Roland Weihrauch
Albrecht von Lucke im Gespräch mit Korbinian Frenzel  · 09.08.2021
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Nach dem umstrittenen SPD-Wahlspot und Äußerungen des CDU-Politikers Friedrich Merz über die Grünen beobachtet der Politologe Albrecht von Lucke eine Zuspitzung des Wahlkampfes. Bisher sei er inhaltsleer gewesen, aber in der Union wachse die Angst.
Für einige Aufregung sorgt ein Wahlkampfspot der SPD über den CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet. Darin steht sein Parteifreund Friedrich Merz für die soziale Kälte und der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen für den rechten Rand. Attackiert wird vor allem der Hauptberater von Laschet in Nordrhein-Westfalen, Nathanael Liminski, der als Katholik einmal die Ansicht vertrat, Sex vor der Ehe sei ein Tabu.


"Wir haben bisher einen ganz erstaunlichen Wahlkampf", sagt der Politologe Albrecht von Lucke zu dem Vorwurf, die SPD betreibe mit dem Video "negative campaigning". Gerade Kanzlerkandidat Laschet habe bisher versucht, keine Angriffsfläche zu bieten und eher auf Inhaltsleere gesetzt. Deshalb sei alles stark auf Fehler fokussiert. Bisher habe sich das vor allem gegen die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock gerichtet.
Der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke 
Der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke analysiert das Verhalten der Parteien im Wahlkampf. © picture alliance/ dpa / Horst Galuschka

Zuspitzung im Wahlkampf

Die Tonlage des SPD-Videos irritiere ein wenig."Es ist ein Angriff ad personam, allerdings nicht an Laschet selbst, sondern an seinen wichtigsten Mitarbeiter." Da Laschet sein Team betont habe, liege es nahe, die Leute um ihn herum zu attackieren, beispielsweise Merz mit dem Vorwurf, er mache Reiche reicher und Arme ärmer. "So ist die Zuspitzung im Wahlkampf." Auch Maaßen könne man weidlich angreifen. Prekärer sei der Angriff auf seinen Hauptberater Liminski, der in der Tat sehr katholisch sei. Aber die rigiden Positionen seiner Jugendjahre würde er heute nicht mehr vertreten.

Kritik an Dämonisierung

Umstrittene Äußerungen von Merz über die Grünen, sie würden Migranten aus aller Welt nach Deutschland einladen und allen die "Gendersprache" aufzwingen, gehöre zu dem "klassischen verschwörungstheoretischen Verdikt der Identitären und Rechtsradikalen", kritisiert Lucke.

Ob man das im Wahlkampf dürfe, mit dieser Frage könne er allerdings nicht viel anfangen. "Man muss das natürlich entlarven." Merz versuche so den politischen Gegner, die Grünen, zu dämonisieren. "Das ist infam", so Lucke. Man müsse das skandalisieren. "In einem Wahlkampf wird ungemein dreckige Wäsche gewaschen und das erleben wir gerade." In der CDU/CSU gehe wegen der Schwäche von Laschet inzwischen die Angst um. "Der Wille zur Polarisierung dieses Wahlkampfes und damit auch zur Dämonisierung des Gegners ist natürlich immens." Das spiele den Identitären in die Hände.

Das erstaunliche sei, dass die SPD plötzlich wieder eine Chance habe, so Lucke. Da sei einmal das Versagen von Baerbock, deren Partei eigentlich mit dem Klimathema durch die Decke gehen müsste. Auch Laschets Lachanfall bei seinem Besuch im Hochwassergebiet habe ihn einige Prozente bei den Wählerstimmen gekostet und könnte ihn noch die Kanzlerschaft kosten. Dadurch sei der SPD-Kandidat Olaf Scholz nach oben gekommen, wenn auch allein als Person, nicht aber seine Partei.

Albrecht von Lucke ist Jurist, Politikwissenschaftler und politischer Publizist.
Seit 2003 ist er Redakteur der Monatszeitschrift "Blätter für deutsche und internationale Politik"

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