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Windenergie
Hohe Türme trotz tiefer Brücken

Je höher der Turm einer Windenergieanlage ist, desto mehr Wind kann sie ernten. Allerdings muss so eine Anlage auch transportiert werden. Und da fangen die Probleme an. Denn viele Brücken in Deutschland sind zu niedrig. Deshalb suchen Windenergieforscher nach neuen Konzepten, um die Türme trotz niedrigen Brücken dicker und höher bauen zu können.

Von Monika Seynsche | 10.12.2014
    Der Propeller eines Windrades wird am 31.03.2014 nahe Visselhövede (Niedersachsen) montiert.
    Seit einiger Zeit geht der Trend hin zu immer größeren Anlagen mit einer Nabenhöhe weit über 100 Meter und um die 5MW Leistung. (picture alliance / dpa / Daniel Reinhardt)
    "Das Konzept was sich in der Vergangenheit durchgesetzt hat mit einem Marktanteil, ich würde jetzt mal schätzen von 80 Prozent, das ist der Stahlrohrturm."
    Torsten Faber leitet das Windenergietechnologieinstitut an der Fachhochschule Flensburg.
    "Das heißt, wir haben mehrere Stahlrohrschüsse, die miteinander mit Flanschen und mit Schrauben verbunden werden. Und das ist ein Konzept, was sich durchgesetzt hat, weil es kostengünstig ist und auch weil es den Anforderungen sehr gut gerecht geworden ist in der Vergangenheit."
    Bis vor Kurzem waren Windräder mit einer Nabenhöhe von bis zu 100 Metern und 2 MW Leistung üblich. Für diese seien Stahlrohrtürme ideal, sagt der Forscher. Aber seit einiger Zeit geht der Trend hin zu immer größeren Anlagen mit einer Nabenhöhe weit über 100 Meter und um die 5MW Leistung. Damit die Türme solcher Anlagen stabil stehen, brauchen sie einen sehr großen Durchmesser und passen dann nicht mehr unter den meisten deutschen Autobahnbrücken hindurch. Deshalb sei ein Hersteller schon vor zehn Jahren dazu übergegangen, Turmsegmente aus Stahlbeton zu bauen und sie in handlichen Einzelteilen zur Baustelle zu schaffen, sagt Peter Schaumann. Er leitet das Institut für Stahlbau an der Leibniz- Universität Hannover:
    "Also im oberen Turmteil sind das Kreisringelemente, dann im unteren Turmteil wird dieser Kreisring noch mal geteilt und da wo die Turmdurchmesser eben an die 10 Meter oder darüber gehen, da wird es dann noch mal geteilt und diese Elemente werden auf die Baustelle gefahren und dort können die dann zusammengesetzt werden. Diese Technologie ist eine Technologie, die wirklich im Windenergiebereich entwickelt wurde. Früher konnten sich Stahlbetonfertigteilhersteller gar nicht vorstellen, dass man solche Teile mit einer derartigen Präzision fertigen kann."
    Relativ schlang, aber trotzdem stabil
    Die einzelnen Teile werden dann mit Beton verklebt oder mit Stahlseilen aneinander befestigt. Das Prinzip funktioniert auch mit Fertigteilen aus Stahl oder Holz, die dann mit Schrauben oder Leim zusammengesetzt werden. Ein Problem allerdings bleibt: Jede Verbindungsstelle zwischen zwei Bauteilen stellt eine mögliche Schwachstelle dar. Und die Türme von Windenergieanlagen sollen - möglichst wartungsfrei - zwanzig Jahre überstehen. Torsten Faber möchte deshalb lieber bei den aus nur wenigen Einzelteilen bestehenden Stahlrohrtürmen bleiben. Er und seine Kollegen entwickeln zurzeit einen hohen Turm, der schlank genug ist, um beim Transport unter Autobahnbrücken hindurch zu passen. Damit er trotzdem stabil steht, will Torsten Faber ihn mit Stahlseilen am Boden festspannen.
    "Wir, wenn wir aus unserem Büro gucken, gucken auf die Flensburger Förde und freuen uns dann über die vielen Segelboote und sehen dort auch Masten und diese Masten haben auch keinen sehr großen Durchmesser am Turmfuß, weil das Moment oder die Belastung dort über die Wanten in das Boot geleitet werden und zusätzlich auch noch, weil ja die Bootsseiten relativ dicht am Mast sind und man möglichst weit weg kommen möchte, damit man ein Kräftepaar hat, das große Momente aufnehmen kann, wird eine Saling genutzt und genau diese beiden zusätzlichen Bauteile wollen wir nutzen für unseren Turm."
    Die Saling ist ein Querstab, der rechts und links vom Turm absteht und über den die Seile zum Boden gespannt werden. So braucht die gesamte Anlage wesentlich weniger Platz als ohne Saling. Durch die Konstruktion mit Seilen und Saling kann der Stahlturm relativ schlank gebaut werden und steht trotzdem stabil. Verglichen mit einem gleich hohen normalen Turm braucht er außerdem nur die Hälfte des Stahls. Bis Ende nächsten Jahres soll der abgespannte Turm so weit entwickelt sein, dass ein Prototyp gebaut werden kann. Welches Konzept sich dann endgültig durchsetzt, hängt vom Markt ab. Peter Schaumann:
    "In der heutigen Zeit ist eine Entwicklung neuer Turmvarianten nur in Zusammenarbeit mit den Herstellern der Anlagen möglich. Und die Anzahl der Anlagenhersteller hat sich in den letzten Jahren durchaus reduziert, es gibt wenige große Firmen die hier tätig sind und die die Entwicklung dann betreiben."