Paris

Einsatz in Saint-Denis vereitelte womöglich neuen Anschlag

Polizist beim Anti-Terroreinsatz in Saint Denis bei Paris/Frankreich.
Polizist beim Anti-Terroreinsatz in Saint Denis bei Paris/Frankreich. © picture alliance / dpa / Yoan Valat
Von Ursula Welter · 19.11.2015
Bei einem Anti-Terror-Einsatz im Vorort Saint-Denis haben französische Elitepolizisten nicht wie erhofft den mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge von Paris festgenommen, nach Angaben der Ermittler aber einen möglichen neuen Anschlag verhindert.
Der Einsatz der Sondereinheiten unweit der Kathedrale von Saint-Denis hatte sich über sieben Stunden hingezogen, eine Zeugenaussage hatte die Ermittler zu der Wohnung geführt, in der sich Abdelamid Abaaoud aufhalten sollte, jener Belgier, der ein führendes Mitglied der IS-Terrormilizen ist - und der seine Finger in vielen Attentaten und Attentatsversuchen der jüngsten Zeit in Frankreich und in Belgien gehabt haben soll. Sein Name war als mutmaßlicher Drahtzieher auch der Anschlagserie vom 13. November in Paris ins Spiel gekommen, Belege dafür gibt es aber noch nicht.
In Saint-Denis, so sagte Staatsanwalt Francois Molins in Paris, sei eine vierte Terrorgruppe neutralisiert worden. Der Grad der Bewaffnung und der Organisationsgrad dieser Gruppe lasse vermuten, dass auch sie Attentate verüben wollte. Nach Auswertung von Telefondaten und anderen Informationen hatte es bereits seit Dienstag Hinweise auf ein mögliches viertes Attentatskommando gegeben. Der Einsatz in Saint-Denis sei extrem schwierig gewesen, unterstrich der leitende Staatsanwalt.
Gepanzerte Wohnungstür hielt zunächst stand
"Die gepanzerte Tür der Wohnung hat dem Sprengstoff der Sondereinheiten zunächst widerstanden, dadurch konnten sich die Terroristen auf ihre Gegenwehr vorbereiten, es folgte ein fast einstündiger Schusswechsel, allein auf Polizeiseite wurden mehr als 5.000 Schüsse abgegeben."
Zumindest einer der Terroristen habe sich selbst in die Luft gejagt, eine Zimmerdecke stürzte ein, der Zugriff sei extrem schwierig gewesen, schwierig auch für die Techniker und Spurensucher, anschließend. So konnte Molins noch nicht bestätigten, dass sich das hochrangige IS-Mitglied Abaaoud in der Wohnung befand, unter den Festgenommenen sei er jedenfalls nicht, auch nicht Salah Abdeslam, der sogenannte "achte Attentäter" vom 13. November, der Fahrzeuge und Wohnungen angemietet hatte, die die Attentäter benutzten und dessen Bruder sich bei den Anschlägen beim vergangenen Freitag in die Luft gesprengt hatte.
SMS der mutmaßlichen Täter: "Wir sind gestartet, wir beginnen"
Zum Ablauf der Attentate am vergangenen Freitag teilte der Staatsanwalt mit, dass die Auswertung von Videoaufnahmen, GPS –Daten, Zeugenaussagen und Hausdurchsuchungen zeige, dass die Täter eine weitreichende Logistik aufgebaut hatten: Autos, Wohnungen, Telefone, Waffen. Die drei Kommandos, wie Molins sagte, seien extrem koordiniert vorgegangen: "Drei Fahrzeuge sind gleichsam im Konvoi von Belgien kommend in Paris eingetroffen. Im Abstand von 10 Minuten, am 12. November."
Dem Vortag der Anschläge. Alle Fahrzeuge waren von den Brüdern Abdeslam in Belgien gemietet worden, der eine sprengte sich in die Luft. Nach dem anderen, Salah, wird also noch gefahndet. Neue Erkenntnisse veröffentlichte die Staatsanwaltschaft auch über ein Handy, das in einem Mülleimer vor dem Konzertsaal Bataclan gefunden worden war. "Von diesem Handy aus wurde um 21.42 Uhr eine SMS geschickt, die besagte: 'Wir sind gestartet, wir beginnen'. Die Untersuchungen, an wen diese Nachricht gegangen ist, laufen." Alle drei Terrorgruppen hätten über ein "kriegsähnliches Waffenarsenal" verfügt.
Hausdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluss möglich
Die 129 Opfer sind inzwischen förmlich identifiziert, nun haben alle Familien aus 19 betroffenen Ländern die traurige Gewissheit darüber, dass ihre Angehörigen und Freunde bei den Anschlägen vom 13. November ermordet wurden.
Das französische Kabinett brachte unterdessen die Verlängerung des nationalen Notstandes auf den Weg, das unter anderem Hausdurchsuchungen ohne richterliche Anordnung und Hausarrest für als gefährlich eingestufte Personen vorsieht.
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