Paralympics-Siegerin Kirsten Bruhn

"Es kann nicht jeder Tag Sonnenschein sein"

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Die mehrfache Paralympics-Siegerin Kirsten Bruhn eröffnet am 22.06.2013 in Kiel (Schleswig-Holstein) mit einem Glockensignal offiziell die Kieler Woche. © picture alliance / dpa / Carsten Rehder
Von Sabine Gerlach · 10.04.2016
Die mehrfache Paralympics-Siegerin Kirsten Bruhn beendete 2014 ihre glanzvolle Karriere. Sie arbeitet für das Unfallkrankenhaus Berlin und ist als Reha-Botschafterin tätig. Jetzt hat sie ein Buch geschrieben: "Mein Leben und wie ich es zurückgewann".
Die Schwimmhalle im Sportforum Hohenschönhausen wird am Vormittag von Kita-Kindern und von Schülern der Eliteschule des Sports genutzt. Trotz des Lärms um sie herum, zieht Kirsten Bruhn konzentriert ihre Bahnen. Das regelmäßige intensive Training gehört für die 46-Jährige nach wie vor zum Alltag:
"Das ist etwas, was auch immer Medizin war egal ob nun vor dem Unfall oder nich, ich konnte da ganz, ganz viel mit mir ausmachen und klarmachen und grade nach dem Unfall wo ich doch eigentlich relativ oft und täglich von Schmerzen begleitet wurde und immer noch werde, konnte ich diese Schmerzen kompensieren, da hab ich dann halt andere Schmerzen entgegengesetzt und das waren Schmerzen, die ich halt provoziert hab, die ich wollte und somit waren die anderen dann unwichtig und auch nicht mehr so merkbar."
Mit Anfang 20 hatte Kirsten Bruhn einen Motorradunfall. Seitdem ist sie querschnittgelähmt und kann ihre Beine nicht mehr bewegen. Der Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben war lang und hart: Immer wieder galt es gegen Verzweiflung und Mutlosigkeit anzukämpfen und auch gegen den Wunsch, zu sterben.
Mit ihrem Buch möchte Kirsten Bruhn andere ermutigen, nicht aufzugeben:
"Dis ist jetzt nicht so, dass man glauben sollte für mich ist jeder Tag nur Sonnenschein. Ganz und gar nicht. Es war und ist mir nach wie vor wichtig, dass man für sich selber und jeder für sich selber realisiert, es kann nicht jeder Tag ein Goldmedaillengewinnertag sein, es kann nicht jeder Tag Sonnenschein sein. Das sieht man schon anhand des Wetters, das gibt es uns vor, aber wir wissen sehr wohl wenn`s dann mal regnet und hagelt und stürmt, es kommen auch wieder Sonnentage und so ist es ja im Leben nicht anders. Und ich glaube wenn man immer mal jemanden hört, der von sich und seiner Geschichte erzählt und der das dann auch irgendwie geschafft hat, dann merkt man, dass das kein Einzelfall ist, und wenn ich da vielleicht von 100 zwei irgendwie erreiche, die sich dafür oder damit aus ihrer eigenen Misere rausziehen können, dann ist das `nen ganz, ganz großes Gut, `nen großer Schatz wo ich dann auch denke, es hat sich gelohnt."

Ein sehr persönliches Buch

Kirsten Bruhn hat ein sehr persönliches Buch geschrieben. Sie erzählt von ihrer Kindheit und Jugend und den ersten sportlichen Erfolgen. Breiten Raum nehmen der Unfall, die anschließende Reha und das ein, was sie als Rettungsanker und Richtungswechsel bezeichnet: Die Rückkehr ins Wasser und der Beginn ihrer Karriere als Leistungsschwimmerin mit Handicap:
"Immer seine eigenen Grenzen neu definieren, neu ausloten, ich glaube das ist auch immer der Motor eines Athleten, so sollte er sein. Dass ich das immer wieder auch bekommen habe, dass ich meinen Lohn, mein Futter bekommen habe, das war immer dann auch wiederum mein Benzin, um diesen Motor immer weiter laufen zulassen, um Höchstleistungen auch wieder abzurufen oder zu wollen. Aber so dieses wirkliche Gefühl, da geht was, das war als ich diese 50-Meter-Brust-Welterekordzeit geschwommen bin im November 2002 und da hab ich mir gesagt, da geht noch mehr. Das war so` n Schlüsselmoment, ja, ganz bestimmt, da ist der Knoten geplatzt sowohl physisch wie auch mental. Ja"
Kirsten Bruhn kommt aus einer sportlichen Familie. Früh wurde ihre Begabung erkannt und gefördert. Ehrgeiz, Disziplin und Leistungsbereitschaft waren Werte, die ihr von klein auf vermittelt wurden. Mitgegeben wurde ihr auch das "Niemals-Aufgeben-Gen":
"Wirklich wichtige Menschen für mich in meinem Leben sind meine Eltern und das werden sie auch immer bleiben, weil sie waren mir immer ein Freund, ein Begleiter und haben mich immer gefördert, egal in welcher Situation und ich hatte viele Situationen wo ich dachte ich bin für diese Welt nicht geschaffen und sie haben immer gesagt, egal in welche Richtung du läufst, du musst nur dir dessen bewusst sein, dass du in diese Richtung läufst und du musst es auch wollen und das ist etwas was ich auch gar nicht genug in Worte fassen kann und ich werd` Ihnen auch niemals genug dafür danken können."
2014 beendete Kirsten Bruhn ihre sportliche Karriere. Seitdem ist sie als Reha-Botschafterin für das Unfallkrankenhaus Berlin und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung unterwegs.
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