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Spitzenkandidat der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung
Di Maio ist der Mann der Stunde

Wer der nächste Ministerpräsident in Italien werden könnte, beschäftigt derzeit nicht nur die Italiener - sondern die gesamte EU. Gute Aussichten hat der erst 31-jährige Luigi di Maio, der Spitzenkandidat der Fünf-Sterne-Bewegung. Politisch einordnen lässt er sich nicht.

Von Jan-Christoph Kitzler | 07.03.2018
    Stimmabgabe von Luigi Di Maio, Spitzenkandidat der Fünf-Sterne-Bewegung
    Stimmabgabe von Luigi Di Maio, Spitzenkandidat der Fünf-Sterne-Bewegung (imago stock&people)
    Silvio Berlusconi hat sein Urteil schon lange gefällt. Von Luigi di Maio hält er nichts, aber auch gar nichts:
    "Di Maio ist ein Junge, dem die Regierung eines Landes anvertraut werden soll. Er hat nie gearbeitet und hat nicht einmal sein Studium abgeschlossen."
    Das war vor der italienischen Parlamentswahl – danach steht fest: Der 81-jährige Berlusconi wurde von den Wählern abgestraft, spielt im Mitte-rechts-Lager nur noch die zweite Geige. Und der 50 Jahre jüngere Luigi di Maio ist der Mann der Stunde. Die Fünf Sterne-Bewegung, die er im Wahlkampf geführt hat, ist die stärkste Partei im neugewählten Parlament. Di Maio könnte also Italiens neuer Ministerpräsident werden – und gibt sich schon entsprechend staatsmännisch in der Analyse der Wahl:
    "Das ist ein postideologisches Ergebnis. Jenseits aller Schemata von rechts und links. Bei dem Ergebnis geht es um die großen, ungelösten Themen des Landes. Das müssen wir immer präsent haben: Beim Ergebnis der Wahl vom 4. März geht es um Themen nicht um Ideologien. Deshalb sind wir uns bewusst, dass die Bürger das Programm der Fünf Sterne gewählt haben."
    Spitzenkandidat mit 30.000 Online-Stimmen
    Dabei ist das Programm der Fünf Sterne in vielen wichtigen Bereichen noch recht nebulös. Doch Di Maio vertrat es, stets recht bieder gekleidet, mit einem jungenhaften Lächeln im Gesicht, auch als er sein Schattenkabinett vorstellte, das nicht etwas aus Politikern, sondern aus Experten besteht.
    "Ich will den besten Leuten, die etwas verändern wollen, sagen: Wenn ihr dieses Land verändern wollt, dann ist die Fünf Sterne-Bewegung offen. Natürlich muss man mit den Werten, den Prinzipien einverstanden sein, einige Regeln respektieren."
    Die Regeln der Fünf-Sterne haben ihn an die Spitze katapultiert: 189 online abgegebene Stimmen hatten ausgereicht, damit er zur Parlamentswahl 2013 aufgestellt wurde. Zum Spitzenkandidaten machten ihn etwas mehr als 30.000 Wähler in einer weiteren Online-Abstimmung im letzten Herbst. Im Abgeordnetenhaus wurde er mit 26 der jüngste Parlamentsvizepräsident aller Zeiten. Als er, während er mit seiner Fraktion für Tumulte sorgte, von Parlamentspräsidentin Laura Boldrini an sein Amt erinnert wurde, reagierte er frech:
    "Frau Präsidentin: Ich erinnere Sie daran, dass Sie gerade dem Parlament vorsitzen und nicht ich."
    Di Maio wuchs in Pomigliano auf, einer Industriestadt im Nordosten von Neapel. Sein Vater, der eine Baufirma hat, hängt den Postfaschisten an, seine Mutter ist Lehrerin. Er selbst hat zwei Studiengänge abgebrochen, versuchte sich als Webmaster, war Ordner im Stadion und Kellner, aber einen festen Job hatte er, wie viele junge Italiener, noch nie. Vielleicht gilt er gerade deshalb als glaubwürdig – auch weil er nicht sich selbst in den Vordergrund stellt, sondern "la squadra", die Mannschaft betont.